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Gaza-Räumung trotz Widerstand im Zeitplan

18. August 2005

Soldaten stürmen Synagogen und tragen Protestierende weg: Bei den Zwangsräumungen im Gazastreifen ist die Atmosphäre gereizter geworden. Trotz des teils harten Widerstands geht der Prozess schneller voran als erwartet.

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Jüdische Siedler besetzten SynagogenBild: AP

Die Lage in der Siedlung Neve Dekalim hat sich am Donnerstag (18.8.2005) bedrohlich zugespitzt. 1500 Abzugsgegner hatten sich in einer Synagoge verschanzt. Nachdem Verhandlungen am Nachmittag abgebrochen worden waren, stürmen israelische Soldaten in das Gotteshaus. Wenig später tragen sie die ersten Siedler ins Freie.

Hunderte Menschen wippten bis zuletzt in der Synagoge ihre Oberkörper im Gebet vor und zurück, andere tanzten um die Thora-Rolle. Unter ihnen waren auch zahlreiche Siedlerführer.

Kinder der radikalen Abzugsgegner hatten Speiseöl im Eingang vergossen, um den Soldaten die Erstürmung zu erschweren. Auch eine weitere Synagoge in Neve Dekalim, in der sich Abzugsgegner verbarrikadiert hatten, wurde von Sicherheitskräften gestürmt.

Gegenwehr bei Räumung von Siedler-Hochburg Kfar Darom
Israelische Sicherheitskräfe in Kfar DaromBild: dpa - Report

Betonsperren und Stacheldraht

Am Donnerstag stießen Truppen auch nach Kfar Darom und Netzer Hasani, Schirat Hajam und Gan Or vor. In der Synagoge von Kfar Darom (deutsch: Dorf des Südens) verschanzten sich ebenfalls radikale Siedler. Auf dem Dach der Synagoge bauten sie Stacheldrahtbarrieren. Betonsperren mit der Aufschrift "Gott ist König" blockierten die Zufahrtsstraßen. Etwa 200 Protestierer wurden bis zum Nachmittag weggetragen, darunter zahlreiche Frauen, die sich in einer Religionsschule verschanzt hatten. Die große Mehrzahl der Demonstranten stamme nicht aus der Siedlung, sondern habe sich für die Proteste eingeschlichen, sagte ein israelischer Regierungsmitarbeiter: "Das sind alles Rechtsextremisten."

Soldaten zwischen den Fronten

Nach versuchten Übergriffen jüdischer Siedler verhängte die israelische Armee eine Ausgangssperre über das Palästinenserdorf Mawasi, das innerhalb der Siedlerblocks Gusch Katif liegt.

Die Bewohner der Siedlung Netzer Hasani setzten bei der Ankunft der Truppen Barrikaden in Brand. Ein Feuerwehrauto wurde mit Farbbeuteln und Eiern beworfen. Überwältigt von zwiespältigen Gefühlen brachen Soldaten in Tränen aus.

Israel räumt Gaza-Siedlungen
Kinder erleben den Widerstand mitBild: AP

Proteste stören Zeitplan nicht

Trotz des vereinzelt hartnäckigen Widerstandes soll die Militäraktion schon bis Dienstag nächster Woche (23.8.2005) abgeschlossen werden. Während zuvor das Schreckgespenst eines jüdischen Bruderkriegs, eines traumatischen Risses durch die israelische Gesellschaft oder eines Scheiterns der Regierung von Ministerpräsident Ariel Scharon an die Wand gemalt wurde, vollziehen Polizisten und Soldaten die Räumung von 21 Siedlungen jetzt schneller als erwartet. "Wir sind unserem Zeitplan voraus", sagt der israelische Polizeichef Mosche Karadi. Scharon erklärte, die Siedlungen würden erst übergeben, wenn sie vollständig geräumt seien.

EU und USA drängen zum Frieden

US-Außenministerin Condoleezza Rice forderte Israel und die Palästinenser auf, zügig weitere Schritte auf dem Weg zur Schaffung eines Palästinenserstaates zu unternehmen. Als Reaktion darauf verlangte der rechtsorientierte israelische Gesundheitsminister Danni Naveh, die israelische Regierung müsse deutlich machen, dass die Räumung des Gazastreifens der letzte Schritt für sie sei und dass es keine weiteren Zugeständnisse geben werde. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana will die politische Führung Israels und der Palästinenser bei einer Nahost-Reise kommende Woche zu einer Fortsetzung des Friedensprozesses drängen. (reh)