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Gazprom setzt EU unter Druck

6. Dezember 2014

Russlands Energieriese ändert seine Europastrategie radikal – und stellt sich im geopolitischen Machtpoker neu auf. Die Folgen treffen nicht nur die Ukraine und Bulgarien schwer. Doch es gibt auch einen Gewinner.

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Erdgas-Kompressorstation in der Ukraine (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Kozlov

Als strategischer Partner Russlands werde die Türkei künftig 50 Milliarden Kubikmeter Gas in Europa verteilen können, sagte Gazprom-Chef Alexej Miller im Moskauer Staatsfernsehen. Damit sehe sich die EU nach ihrem Boykott von South Stream künftig einem neuen mächtigen Transitland gegenüber.

Miller sagte in der Sendung "Nachrichten am Samstag" weiter, die Türkei könne ihr "Gasventil" ruhig im geopolitischen Machtpoker mit der EU einsetzen. "Was die Umfänge unserer Lieferungen angeht, so kommt die Türkei dann nach Deutschland auf dem zweiten Platz."

Gazprom-Chef Alexei Miller (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Keine Chance mehr für South Stream

Kremlchef Wladimir Putin hatte das Ende von South Stream bei seinem Türkei-Besuch am Montag verkündet. Die Entscheidung sei endgültig, unterstrich Miller. Zwar habe Russland bereits vier Milliarden Euro auf seinem eigenen Gebiet in den Leitungsbau investiert. Allerdings würden diese Kapazitäten künftig für die Lieferungen in die Türkei genutzt. Die bestellten Leitungsrohre würden ebenfalls - wie für South Stream geplant - durch das Schwarze Meer verlegt. Anlandepunkt sei dann aber die Türkei und nicht das EU-Mitglied Bulgarien.

Während Deutschland für den Norden Europas das wichtigste Verteilungszentrum für russische Gaslieferungen sei, werde die Türkei künftig diese Stellung im Süden einnehmen. Bislang ist die Ukraine das wichtigste Transitland für russische Gaslieferungen in die EU. Doch seine Rolle werde künftig bedeutungslos sein, sagte Miller.

Es fließt wieder Gas in die Ukraine

Inzwischen erhält das Land wieder Gas aus Russland. Der ukrainische Energieversorger Naftogaz hat umgerechnet 306 Millionen Euro an Gazprom überwiesen. Dafür bekomme Kiew eine knappe Milliarde Kubikmeter Gas für den Winter geliefert, sagte Gazprom-Sprecher Sergej Kuprianow der russischen Nachrichtenagentur Tass. Russland hatte dem ukrainischen Nachbarn im Juni den Gashahn zugedreht, weil Kiew eine drastische Preiserhöhung durch Gazprom nicht akzeptierte und Schulden anhäufte. Das führte auch zur Sorge vor Versorgungsengpässen in der EU, die ihr russisches Gas über die Ukraine bezieht.

Künftig müssten die Versorger in Europa selbst die Leitungen zu den Verbrauchern verlegen, sagte Miller. Gazprom kümmere sich nicht mehr um den Bau von Leitungen in der EU. Der Konzernchef begründet den Kurswechsel von Gazprom mit der EU-Bürokratie, die auch South Stream zum Scheitern gebracht habe. Die EU-Kommission hatte bemängelt, dass Gazprom sowohl das Gas liefern als auch die Leitung betreiben sollte. Das sei mit EU-Recht nicht vereinbar.

Kroatien bringt sich in Stellung

Folgenreich ist das Aus für South Stream vor allem für Bulgarien. Nach Darstellung Millers muss das EU-Land nicht nur auf 6000 Arbeitsplätze verzichten. Es blieben zudem drei Milliarden Euro Investitionen sowie die jährlichen Transitgebühren aus. Außerdem würden die bisher durch bestehende andere Leitungen durch Bulgarien transportierten 18 Milliarden Kubikmeter Gas ebenfalls in das neue Transitland Türkei umgeleitet. Kroatien hofft davon zu profitieren und will auf der Adriainsel Krk ein Terminal für Flüssiggas aus anderen Erdteilen als Alternative zu russischem Erdgas errichten.

rb/sc (afp, dpa)