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Gedanken steuern Handprothese

26. April 2010

Die menschliche Hand funktioniert durch das Zusammenspiel von 27 Knochen, 22 beweglichen Gelenken, 33 Muskeln und 17.000 Sinneszellen. Entsprechend kompliziert ist es, eine Prothese zu entwickeln, die ähnlich viel kann.

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Zugreifende Kunsthand(Foto: ZDF)

Versuche, die menschliche Hand durch eine künstliche zu ersetzen, hat es über Jahrhunderte hinweg immer wieder gegeben. Haken, einfache Greifwerkzeuge, Hände aus Metall konnten den Verlust verlorener Hände aber nicht im mindesten kompensieren.

Auch heute noch gibt es keine gleichwertige Ersatzlösung für Menschen, denen eine Hand durch einen Unfall, eine Krankheit oder schon von Geburt an fehlt. Die meisten müssen mit eher starren Prothesen zurecht kommen. Die Probleme sind vielfältig: Die Kunsthände sind schwer, die Finger lassen sich nicht bewegen und sie sehen unnatürlich aus.

Der Wille versetzt Berge und bewegt auch künstliche Hände

Es gibt aber inzwischen Verfahren, bei denen die Muskelaktivitäten im verbliebenen Arm genutzt werden, um eine Handprothese zu steuern. Selbst Rückmeldungen darüber, wie stark der mit der Prothese ausgeübte Druck beim Zupacken ist, sind über Vibrationssignale möglich.

Italienische und deutsche Forscher arbeiten an einer noch natürlicheren Art der Verbindung zwischen Patient und Kunsthand. Sie hoffen, dass sich die Prothese allein mit der Kraft der Gedanken bewegen lässt.

Pierpaolo Petroziello steuert die Kunsthand mit seinen Gedanken (Foto: DW-TV)
Die Kunsthand wurde noch nicht angenäht, aber von den Nervenzellen des Patienten am Armstumpf aus ferngesteuertBild: DW-TV

Der Tester

Pierpaolo Petroziello, dessen Hand nach einem Verkehrsunfall amputiert werden musste, hatte sich für einen ersten Versuch mit der neu entwickelten Cyber-Hand zur Verfügung gestellt. Und das, obwohl er wusste, dass ihm das erstmal gar nichts bringt. Denn die neue Verbindung sollte nur testweise für kurze Zeit hergestellt werden. Trotzdem betonte er: "Ich bin sicher, damit vielen Menschen helfen zu können, denen beide Hände oder beide Arme fehlen. Denn das ist wirklich eine schwierige Situation."

Das Experiment

Italienische Neurochirurgen nähten ihm zwei Elektroden direkt in seine Arm-Nerven ein, als direkten Draht zur Prothese. Die Elektroden sind dünner als ein Haar, so fein, dass sie ohne Mikroskop fast nicht zu sehen sind. Prof. Klaus-Peter Hoffmann vom Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik hat mit seinem Team sechs Jahre lang an dieser Elektrode gearbeitet. Das war so langwierig, weil sie "ultraleicht sein und sich störungsfrei in den Nerv einpassen und mitbewegen muss."

Die Sensitivität der Finger eines Probanden wird mit einem Gerät gemessen (Foto: DW-TV)
Die Forscher untersuchen den Tastsinn, um diesen auf die Handprothese zu übertragenBild: DW-TV

Ein voller Erfolg

Es funktionierte. Schon kurz nach der Operation konnte der junge Mann mit der Prothese gezielte Bewegungen ausführen. Und er fühlte die Hand. Es sei so, als ob ihm jemand die Hand drückt, sagte er. Insgesamt fand er aber das Bewegen der Kunsthand allein über das konzentrierte Denken extrem anstrengend.

Nach drei Wochen wurden Patient und Hand wieder getrennt. Aber die Wissenschaftler versprachen dem jungen Mann: Er wird der Erste sein, der die künstliche Hand mit der neuartigen Verbindung bekommt, wenn alles fertig ist.

Es geht noch weiter …

In der Zukunft soll die Prothese nicht nur Steuersignale der Armnerven ausführen, sondern auch das Fühlen möglich machen. Die Wissenschaftler arbeiten jetzt am Tastsinn für die Aluminiumfinger.

Der Anfang ist gemacht, doch es wird noch einige Jahre dauern, bis die Entwicklung ausgereift ist.

Autorin: Maria Lesser
Redaktion: Judith Hartl

Das Video dazu finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Projekt Zukunft, dem Wissenschaftsmagazin auf DW-TV.

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