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Gefährdete Vernunftehe

12. Mai 2002

Es sollte ein großer medienpolitischer Wurf werden: Die Fusion von SFB und ORB, den öffentlich-rechtlichen Sendern in Berlin und Brandenburg. Das Aufgebot ist bestellt, aber ...

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Wächst da was zusammen?
... um dieses Aufgebot für die Vernunftehe des Senders Freies Berlin (SFB) und des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB) ist es eher schlecht bestellt. Die Hochzeit, die bis zum 1. März 2003 geschlossen werden soll, droht durch Gezänk in Brandenburgs großer Koalition im märkischen Boden zu versanden.

Da die CDU die Fusion angesichts der Machtverhältnisse in der Region nicht verhindern könne, solle die Partei sicher stellen, dass sie bei der Verteilung der Leitungsposten ausreichend zum Zuge komme. So steht es in einem geheimen Papier der Brandenburger CDU, das von der Süddeutschen Zeitung in Auszügen veröffentlicht wurde. Wichtig sei vor allem, dass ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer nicht auch der Chef des neuen Senders werde. SFB-Intendant Horst Schättle (62) hat bereits erklärt, dass er keine Ambitionen hat.

Märkischer Rotfunk?

Zwar ist dem 60-jährigen Rosenbauer immer wieder Interesse an dem Posten nachgesagt worden. Doch der Journalist hat sich offiziell nicht geäußert. Rosenbauer ist den Christdemokraten als Chef des von Kritikern mitunter als "Rotfunk" bezeichneten ORB schon lange ein Dorn im Auge. Nach dem Willen der CDU soll ein Gründungsintendant die Fusion lenken. Für dessen Wahl sollte eine Zwei-Drittel-Mehrheit festgeschrieben werden.

Die SPD wirft dem Koalitionspartner vor, "knallharte konservative Interessen" durchsetzen zu wollen. Der ORB-Rundfunkratsvorsitzende Bertram Althausen nennt den Einflussversuch der CDU "unerträglich". Die CDU kontert, die Kanzleien behandelten den Entwurf für einen Rundfunkstaatsvertrag wie eine "geheime Kommandosache".

Strukturfragen geraten in den Hintergrund

Durch die Potsdamer Querelen geraten Fragen zur Struktur des neuen Senders, dessen Name noch nicht feststeht, in den Hintergrund. Mit einem gemeinsamen Programmanteil von etwa sieben Prozent sollen SFB und ORB etwa so stark sein wie der mittelgroße Hessische Rundfunk. Nicht mehr ausgeschlossene fusionsbedingte Kündigungen sorgen unter den 1800 Mitarbeitern in Berlin und Babelsberg für Unruhe. Offen ist auch die Gestalt des gemeinsamen dritten Fernsehprogrammes sowie die Rundfunkversorgung. Den Politikern läuft die Zeit davon.

Nach dem Fahrplan soll der neue Staatsvertrag bis zur Sommerpause von den Parlamenten beschlossen werden. Die Senderfusion ist für Anfang März 2003 vorgesehen - am 1. Januar 2004 soll erstmals das gemeinsame Programm ausgestrahlt werden. Immer vorausgesetzt, die Trennung wird nicht schon vor der Ehe vollzogen. (dpa/wga)