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Gefürchteter Klima-Preis

Johannes Beck, zurzeit in Mailand10. Dezember 2003

Jeden Tag verleihen die Umweltorganisationen auf der Klimakonferenz den Preis des "Fossil des Tages" für die Länder, die den Klimaschutz am stärksten blockieren.

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Auf der Weltklimakonferenz in Mailand wird Kritik zum PR-Event gemacht

Ganz oben auf der Siegerliste stehen die USA. Ähnlich, wie wir es schon bei den Olympischen Spielen gewöhnt sind, räumen die Amerikaner auf jeder Klimakonferenz einen Großteil der "Goldmedaillen" ab. Nur, dass statt Edelmetall kleine Kohlebricketts vergeben werden. Auch wartet man bei der Siegerehrung vergeblich auf das Erklingen einer Nationalhymne – aber immerhin gibt es das obligatorische Hissen der Fahnen der Sieger. Denn was wäre eine Siegerehrung ohne Stars & Stripes? Ein kleines Podest darf ebenfalls nicht fehlen.

Am vergangenen Montag (8.12.03) schafften die USA es, gleichzeitig auf Platz eins und zwei zu kommen. Platz eins bekamen sie dafür, dass sie sich für weitere Technikforschung aussprechen, anstelle sofort die Treibhausgase zu reduzieren. Den zweiten Preis bekamen sie dafür, dass sie sich gegen einen höheren Etat für das Klimasekretariat in Bonn eingesetzt haben.

Aber auch Gastgeber Italien bekam von den Umweltorganisationen einen Seitenhieb. Die Italiener "gewannen" Montag den dritten Platz für das Konferenzzentrum auf der Mailänder Messe, in dem ganz und gar klimafeindlich alle Lampen 24 Stunden lang brennen und in dem Mülltrennung ein Fremdwort ist.

Am Dienstag (9.12.) mussten die USA den ersten Platz an Saudi-Arabien abgeben. Die Ölscheichs hatten in Mailand tatsächlich vorgeschlagen, für den in Zukunft durch den Anstieg der erneuerbaren Energien zu erwartenden Rückgang an Ölexporten entschädigt zu werden.

Die Großen ganz vorn

In der Gesamtwertung führen aber weiter unangefochten die USA mit 128 Punkten, die auf der Webseite der Organisatoren in Ölfässern dargestellt werden. Auf Platz zwei liegt der nordamerikanische Nachbar Kanada mit 80 Punkten, obwohl Kanada im Gegensatz zu den USA das Kyoto-Protokoll ratifiziert hat. Platz drei nimmt Japan mit 57 Punkten ein.

Präsident George W. Bush hat es sogar geschafft, die Auszeichnung "Fossil des Jahrhunderts" zu bekommen. Damit "honorierten" die Organisationen seinen Einsatz gegen das Kyoto-Protokoll.

Deutschland ist dagegen bislang erst einmal auf der 5. Klimakonferenz 1999 prämiert worden – immerhin hier eine noch fast "makelose" Klimaweste.

Der Stand des "Fossils des Tages" erfreut sich in Mailand so großer Beliebtheit, dass seine Dekoration bereits mehrmals von diebischen Klima-Delegierten geplündert wurde. Sie hatten es vor allem auf die "Kohlestücke" abgesehen, die in Wirklichkeit schwarz eingefärbte Zuckerwürfel sind. Inzwischen warnen die Organisatoren vor Nachahmern und rufen alle Passanten zu erhöhter Vorsicht auf. Zucker gäbe es schließlich auch an der Bar im Konferenzzentrum.