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Terrortrauma

17. September 2008

"Der Baader Meinhof Komplex" kommt in die Kinos und geht für Deutschland in das Rennen um den Oscar. Mit großem Staraufgebot soll das RAF-Trauma der Bundesrepublik aufgearbeitet werden - ohne die Täter zu glorifizieren.

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Andreas Baader (Moritz Bleibtreu, l.) und Gudrun Ensslin (Johanna Wokalek) in einer Szene des Films 'Der Baader Meinhof Komplex' (Quelle: dpa)
Ähnlichkeit? Baader (l.) und Ensslin im FilmBild: picture-alliance/ dpa

Deutschland in den 1970er Jahren: Die Rote Armee Fraktion (RAF) fordert den deutschen Staat heraus. Die jungen Männer und Frauen um Andreas Baader (Moritz Bleibtreu), Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) und Gudrun Ensslin (Johanna Wokalek) kämpfen gegen alles, was sie für faschistisch halten: die US-amerikanische Politik in Vietnam, im Nahen Osten und der dritten Welt, die von führenden Köpfen der deutschen Politik, Justiz und Industrie unterstützt wird. Ihre Kritik richtete sich gegen den Kapitalismus genauso wie gegen bürgerliche Lebensformen.

Porträt Uli Edel
Regisseur Uli Edel bei der Premiere des Kinofilms "Der Baader Meinhof Komplex"Bild: AP

Die von Baader, Meinhof und Ensslin gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) hat der Bundesrepublik den Krieg erklärt. Die Situation eskaliert, und die noch junge Demokratie wird in ihren Grundfesten erschüttert. Der Mann, der die Taten der Terroristen zwar nicht billigt, aber dennoch zu verstehen versucht, ist auch ihr Jäger: der Leiter des Bundeskriminalamts Horst Herold (Bruno Ganz). Obwohl er große Fahndungserfolge verbucht, ist er sich bewusst, dass die Polizei allein die Spirale der Gewalt nicht aufhalten kann.

Zehn Jahre deutsche Geschichte in 150 Minuten

In 150 Minuten behandelt der Film zehn Jahre deutsche Geschichte: Von der aufgeheizten Stimmung im Juni 1967, als der Schah von Persien Berlin besucht und der Student Benno Ohnesorg bei einer Demonstration erschossen wird, über Brandstiftungen, Banküberfälle, Bomben, Mordanschläge bis zum Abtauchen der RAF-Mitglieder in den Untergrund. Während die erste Terroristen-Generation im Knast sitzt, arbeiten die Nachfolger fieberhaft an ihrer Befreiung. Der Film endet mit der Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut, dem Selbstmord Baaders und der anderen sowie der Ermordung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin Schleyer.

Über die Motive der Terroristen schweigt der Film und überlässt es dem Zuschauer, sich sein eigenes Bild zu machen. Dass der Film Überlebende des Terrors und ihre Familien in ihren Gefühlen verletzen könnte, glaubt Regisseur Uli Edel nicht: "Den meisten Opfern und Angehörigen haben wir den Film schon gezeigt, weil wir ihre Meinung vorher hören wollten." Der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur Stefan Aust, an dessen gleichnamigen Buch sich der Film orientiert, glaubt, dass der Film den Opfern gerecht werde, weil er zeige, was Terrorismus sei und wie er aussehe. Am Donnerstag (25.9.2008) kommt er in die deutschen Kinos.

Ein Stück Erinnerungsarbeit auf dem Weg zum Oscar?

Porträt von Stefan Aust (Quelle: AP)
Stefan AustBild: AP

Für Edel waren die Dreharbeiten auch ein Stück Erinnerungsarbeit: "Es war ja doch eine Zeit, die man emotional stark miterlebt hat", sagt er. "Am Tag als auf Rudi Dutschke geschossen wurde in Berlin, weiß ich, was ich gemacht habe und ich weiß, was ich gefühlt habe. Dieses Gefühl wollte ich auch noch einmal den Zuschauern vermitteln. Es war ein Gefühl von extremer Wut."

Dies scheint dem Regisseur Edel und dem Produzenten Bernd Eichinger gelungen zu sein. Bei der Vorpremiere am 17. September wurde bekanntgegeben, dass der Film als deutscher Beitrag in das Rennen um den Oscar geschickt wird. In der Begründung der Jury hieß es: "Die großartige schauspielerische Leistung und die außergewöhnliche filmische Umsetzung der Geschichte erlaubt einen Blick auf die Zeit der frühen 1970er Jahre der Bundesrepublik Deutschland, ohne dabei die Täter zu glorifizieren." (san)