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"Gegen den gemeinsamen Feind"

Kishwar Mustafa2. Dezember 2005

Im Vergleich zum jetzigen iranischen Präsidenten Ahmadinejad war sein Vorgänger Khatami geradezu liberal und reformorientiert. In Deutschland diskutierte er kürzlich über den interreligiösen Dialog.

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Der ehemalige iranische Präsident auf Deutschland-BesuchBild: AP
Der neue iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad Porträtfoto
Hardliner: Khatamis Nachfolger AhmadinejadBild: AP

Anders als sein Amtsnachfolger Mahmud Ahmadinejad galt der ehemalige iranische Präsident Mohammad Khatami als politischer Reformer und Fürsprecher eines Dialogs der Kulturen. Inzwischen wurde er von dem islamistischen Hardliner Mahmud Ahmadinejad abgelöst und engagiert sich nun aktiv in einem Beratergremium für eine "Allianz der Zivilisationen", das UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannt hat. Der iranische Geistliche wirkt dort gemeinsam mit anderen bekannten Persönlichkeiten wie dem südafrikanischen Erzbischof Desmond Tutu, dem früheren französischen Außenminister Hubert Vedrine und dem Rabbiner Arthur Schneir aus New York.

Bei seinem Besuch des Islamischen Zentrums in Hamburg diskutierte Khatami mit Muslimen und Vertretern anderer Religionen über Herausforderungen und Defizite im interreligiösen Dialog. Insbesondere zwischen den abrahamitischen Religionen sei ein Dialog erforderlich, weil diese Religionen gemeinsame Wurzeln hätten. Khatami betonte jedoch, dass zur Vermeidung von Missverständnissen nicht nur das Thema, sondern auch die Sprache eines solchen Dialogs klar definiert werden müsse: "Für den Dialog der Religionen ist die Sprache der Theologie nicht geeignet. Denn die Sprache der Theologie ist geschaffen worden für die Rechtfertigung einzelner Religionen."

Eines der ältesten Phänomene

Religiöse Meinungsunterschiede seien eines der ältesten historischen Phänome, die sich nicht mit Gewalt lösen ließen, so Khatami, der sich aber auch kritische Rückfragen gefallen lassen musste: So verwies ein aus Israel stammender Vertreter der Jüdischen Gemeinde Hamburg auf die Äußerungen von Khatamis Amtsnachfolger Ahmadinejad, der kürzlich öffentlich gefordert hatte, den Staat Israel von der Landkarte zu tilgen.

Zu einer eindeutigen Verurteilung dieser Äußerungen ließ sich Khatami nicht hinreißen und wich aus, indem er über den Unterschied zwischen dem Judentum als Religion einerseits und andererseits dem Staat Israel sowie dem Zionismus sprach. Man dürfe die Differenzen zwischen Staaten nicht mit den Differenzen zwischen Anhängern verschiedener Religionen gleichsetzen, so Khatami. Er musste jedoch eingestehen, dass extremistische oder gewalttätige Orientierungen innerhalb einer Religionsgemeinschaft grundsätzlich verurteilt werden müssten - auch im Islam: "Wenn man die Taliban als eine vom Islam abweichende, gewaltbereite Gruppe bezeichnet, dann hat man deshalb ja nicht automatisch den Islam insgesamt als terroristische Religion bezeichnet. Wir müssen bei unseren Äußerungen vorsichtig sein. Es sollte nicht zu Missverständnissen kommen. Ich rufe alle Menschen - Muslime, Juden oder Christen - dazu auf, Hand in Hand gegen den gemeinsamen Feind, die Gewalt, kämpfen."

Islam legitimiert keinen Terror

Muslime seien grundsätzlich dazu verpflichtet, jeden Terrorakt von Muslimen zu verurteilen, so Khatami. Er sagte aber zugleich, dass Gewalt nicht nur im Namen des Islam, sondern auch im Namen anderer Religionen ausgeübt werde. Ein Beispiel dafür sei die Ermordung des früheren israelischen Regierungschefs Itzchak Rabin durch einen jüdischen Fanatiker. Khatami verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Misshandlung von muslimischen Gefangenen durch amerikanische Sicherheitskräfte in den Gefängnissen von Guantanamo und Abu Ghoraib. Dass diese Mißhandlungen, wie Khatami suggerierte, ebenfalls im Namen der Religion, in diesem Falle also des Christentums geschähen, konnte er allerdings nicht nachweisen.

Izchak Rabin
Opfer religiöser Fanatiker: Izchak RabinBild: dpa - Bildarchiv
Tag der offenen Moschee
Für den Dialog zwischen den ReligionenBild: dpa