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Die politische Botschaft der Lega Nord

Kirstin Hausen22. April 2008

Bei den Wahlen in Italien konnte die Lega Nord ihren Stimmenanteil verdoppeln. Berlusconi will dies mit vier Ministerposten belohnen. Damit wächst der Einfluss der rechten Partei auf Italiens künftige Politik.

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Umberto Bossi flüstert Silvio Berlusconi ins Ohr
Beratungen über die politische Zukunft Italiens? -Umberto Bossi und Silvio BerlsuconiBild: picture-alliance/ dpa

Die Wahlen in Italien haben Silvio Berlusconi eine komfortable Mehrheit verschafft. Die linken Parteien haben es nicht mehr Parlament und Senat geschafft. Vor allem in den Regionen Norditaliens sind viele Linkswähler zu Rechtspopulist Umberto Bossi und seiner Partei "Lega Nord" gewechselt. Zwischen 20 und 30 Prozent der Stimmen hat die rechts stehende, ausländerfeindliche Regionalpartei in der Lombardei und in Venetien bekommen. Ein sensationell gutes Ergebnis.

Viele kleine Gemeinden im Nordosten werden von Lega Nord-Bürgermeistern regiert. Sie haben den Rückhalt der Bürger, die sich vor Immigration und Globalisierung fürchten und allein in der Lega Nord eine Vertreterin ihrer Interessen sehen. Die Partei für viele Norditaliener "wählbar" geworden, seitdem sie nicht mehr die politische Abspaltung des Nordens verlangt, sondern einen weitreichenden Föderalismus, der den Regionen Kernkompetenzen wie Steuerverwaltung, Schulwesen und Polizei überträgt.

Für die Freiheit und gegen die Anderen

Umberto Bossi lacht
Hat nach der Wahl gut lachen - Umberto BossiBild: picture-alliance/ dpa

Parteigründer ist Umberto Bossi: Seine Anhänger lieben ihn, seine politischen Gegner kommen nicht um ihn herum. Bossi ist nach dem triumphalen Wahlergebnis seiner Lega Nord der unumstrittene Leader. Trotz seiner labilen Gesundheit und der Sprachbehinderung, die sich als Folge eines Hirnschlags im März 2004 als nicht mehr heilbar erwiesen hat. Die Lega Nord ist auf ihn zugeschnitten, sie ist seine Erfindung. Vor 17 Jahren gelang es Bossi, mehrere regionaler Autonomiebewegungen in Norditalien zur Lega Nord zusammenzuschließen. In den vergangenen Jahren ist sie zu einem festen Bezugspunkt der Menschen zwischen Mailand und Venedig geworden. Hier, in der Lombardei und Venetien haben zwischen 20 und 30 Prozent der Wähler ihre Stimme der Lega Nord gegeben.

Libertà! Freiheit! Das ist das Lieblingswort von Umberto Bossi und seinen Anhängern, dabei geht es ihnen faktisch ums Geld. "Der Norden ist es leid, für die anderen zu zahlen", sagt Gianfranco Salmoiraghi, ein Parteiaktivist aus Mailand. "Die anderen" – das sind die Menschen im wirtschaftlich schwachen Süditalien und seit einigen Jahren auch die Armutsflüchtlinge aus Nicht-EU-Staaten. "Es ist absurd", sagt Gianfranco Salmoiraghi. "Wir haben 60 Jahre gebraucht, um die Süditaliener, die in den Norden einwanderten, zu zivilisieren und jetzt kommen diese Einwanderer, die unsere Städte in einen orientalischen Souk verwandeln, in dem man nicht mehr leben kann. Warum sollten wir uns das gefallen lassen?"

Die Lega spielt nach eigenen Regeln

Flüchtlinge sitzen und stehen im Schatten vor einem Haus, bewacht von italienischen Polizisten
Die Anderen - Flüchtlinge auf der italienischen Insel LampedusaBild: dpa - Fotoreport

Pikanterweise war es Umberto Bossi, der 2002 als Minister in der Regierung von Silvio Berlusconi das geltende restriktive Einwanderungsgesetz mit entworfen hat. In der Praxis hat das Gesetz in Italien zu einem Anstieg der illegalen Einwanderung geführt. Für den Lega Nord-Aktivisten Gianfranco Salmoiraghi kein Grund zur Selbstkritik. Die Richter haben das Gesetz eben nicht richtig angewendet, sagt er und bewundert die Aktionen einiger Dutzend Lega Nord-Bürgermeister, die in ihren Gemeinden versuchen, nach eigenen Regeln zu regieren. Sie erlassen Verordnungen, die vor Gericht regelmäßig als nicht vereinbar mit der italienischen Verfassung verurteilt werden und deshalb zurückgenommen werden müssen. Die italienische Justiz arbeitet aber langsam, und so sind diese verfassungswidrigen Verordnungen zunächst über Jahre gültig.

"Die Lega ist nichts anderes als ein Haufen von Egoisten", klagt Anna Lucini. Sie ist seit 23 Jahren Lehrerin an einem Gymnasium in Bergamo. Die Mehrheit der Schüler in ihrer Klasse seien für die Lega Nord, weil ihre Eltern mit dieser Partei sympathisierten. "Es ist schwer, eine andere Meinung in der Öffentlichkeit zu vertreten", so Lucini weiter. "Ich habe mit Schülern gesprochen, die nicht so egoistisch denken. Sie trauen sich nicht mehr, ihren Standpunkt in der Klasse zu vertreten. Sie sagen mir, dass sie dann keine Freundin mehr finden." Die Lega Nord hat den Nordosten Italiens in den 17 Jahren seit ihrer Gründung nachhaltig verändert. Sie verfügt hier über einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung. Viele Menschen haben die von der Lega Nord vermittelte Ideologie bereits verinnerlicht.