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Gegen den Trend

Christiane Grathwohl23. Mai 2003

Bremen wählt eine neue Bürgerschaft. Die große Koalition wird vermutlich ihre Arbeit fortsetzen, auch wenn Überraschungen am 25. Mai nicht ganz auszuschließen sind.

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Bremen 2003: immer noch ein Hauch von RomantikBild: BTZ

Für die SPD war das Wahljahr 2003 bislang ein Desaster: Verluste von über zehn Prozentpunkten mussten die Sozialdemokraten bei den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen und bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein einstecken.

Prima Klima

Doch bei der Bürgerschaftswahl am 25. Mai im kleinsten Bundesland Deutschlands zeichnet sich der erste Erfolg in diesem Jahr ab: Mitten in der Krise der Bundespartei steht die Bremer SPD prima da. Schon seit über fünfzig Jahren regiert sie hier ununterbrochen, und nach den Umfragen vor der Wahl soll sich daran auch nichts ändern.

Der mögliche Erfolg der Bremer SPD hat einen Namen: Henning Scherf. Der Bürgermeister und Spitzenkandidat der SPD genießt immense Popularität im Zwei-Städte-Staat: Bei einer Direktwahl würden mehr als 60 Prozent der Bremer Bürger für ihn stimmen. Er steht für die Zusammenarbeit zwischen SPD und CDU und will auch in Zukunft die große Koalition fortsetzen – zum Leidwesen vieler in seiner Fraktion, die lieber mit den Grünen zusammenarbeiten wollen.

Grüne Opposition

Doch auch die Spitzenkandidatin der Grünen Karoline Linnert weiß: "Es ist nicht so, dass die Leute sagen: Die große Koalition ist ja furchtbar, nie wieder, jetzt muss unbedingt Rot-Grün her." In Bremen gibt es keine Wechselstimmung. Außerdem sind sich Grüne und SPD in zentralen Fragen nicht einig, z.B. beim Hafenausbau und der Vertiefung der Weser.

Die Bremer CDU hat sich im Wahlkampf bereits festgelegt: Sie will weitere vier Jahre mit den Sozialdemokraten regieren. Ihre Wahlkampfstrategie ist eindeutig: Das Schreckensgespenst von Rot-Grün im Bund darf sich in Bremen nicht wiederholen. "Rot-Grün würde die Sanierung der Landesfinanzen – die größte Aufgabe der alten wie der neuen Wahlperiode – nicht schaffen," warnt CDU-Spitzenkandidat und Finanzsenator Hartmut Perschau.

Liberales Lamento

Die Bremer Liberalen hören das gar nicht gerne. FDP Spitzenkandidat Claus Jäger wirft der CDU vor, die Möglichkeit einer bürgerlich-liberalen Regierung nicht einmal in Erwägung zu ziehen: "Seit 1947 regiert im Bremer Rathaus ein Sozialdemokrat. Jetzt gibt es erstmals eine Chance, dass das anders wird," erklärt Jäger.

Schon seit zwei Legislaturperioden wird Bremen von SPD und CDU gemeinsam regiert, und die Bilanz kann sich sehen lassen: Die Wirtschaftsentwicklung an der Weser ist positiv – auch wenn Strukturkrisen, wie etwa im Schiffbau Bremerhaven, noch nicht überwunden und die Arbeitslosenzahlen noch immer hoch sind.

PISA-Schlusslicht Bremen

Auch wenn vieles so aussieht, als bliebe in Bremen alles beim alten: Der Streit um die Reformvorschläge von Bundeskanzler Schröder, um seine Agenda 2010, kommt den Bremer Sozialdemokraten ungelegen. Deshalb versucht die Bremer SPD, die Bundespolitik weitgehend aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Landespolitische Themen stehen im Vordergrund, wie z.B. die Bildungspolitik.

Hier gibt es noch einiges zu tun, schließlich hat kein anderes Bundesland bei der PISA-Studie so schlecht abgeschnitten wie Bremen. Und trotz der wirtschaftlichen Erfolge bleibt auch in diesem Wahlkampf die Sanierung des Landeshaushalts das Top-Thema. Denn noch immer sind die größten Probleme Bremens die hohe Verschuldung und die hohe Arbeitslosigkeit.