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Gegen VW und Veuve Clicquot

Udo Bauer26. Februar 2003

Deutsche und Franzosen stehen wegen ihrer Anti-Kriegs-Haltung in Amerika schon seit Wochen am Pranger. Ein konservativer US-Fernsehsender geht jetzt noch einen Schritt weiter. DW-TV-Korrespondent Udo Bauer berichtet.

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"Ich werde mein deutsches Auto sofort verkaufen", so polterte einer von drei Studiogästen des US-Nachrichtensenders Fox empört. Es handelte sich um einen unbekannten Herrn, Vorsitzender eines noch unbekannteren US-Wirtschaftsinstituts, dem der Murdoch-Sender am Wochenende (22./23.2.2003) umso mehr Platz einräumte, um einmal so richtig über die Vertreter des "alten Europa" herzuziehen. Haben wir nicht die Franzosen und die Deutschen von der Nazi-Diktatur befreit, so fragte er weiter. Deren politische Führung brauche endlich eine Lektion, wenn sie sich jetzt so undankbar zeige.

"Say au revoir to Chirac", meinte darauf der Moderator Sean Hannity anfeuernd, irgendwie könne er jetzt auch keine französischen Produkte mehr kaufen. Um zu erklären, warum die Alliierten in Europa sich so vehement gegen einen Irak-Krieg stemmen, war eine liberale US-Journalistin geladen - nicht mehr als ein Feigenblatt für journalistische Ausgewogenheit, wie sich später herausstellte. Denn die wohlwollende Dame, die davon sprach, dass Saddam Hussein durch die UN-Inspektoren jetzt gut unter Kontrolle sei, wurde gnadenlos unterbrochen mit lauten Plattheiten wie "Saddam ist Hitler!" und "Pearl Harbor und der 11. September sind das Gleiche!"

Erfolg durch Vereinfachung

Fox News ist zur Zeit der erfolgreichste der drei US-Nachrichtensender. Nicht zuletzt wegen seiner Regierungstreue, seiner gnadenlos konservativen Ausrichtung und seiner Simplifizierungen hat er sogar CNN
als Marktführer abgelöst.

Fox News liegt im Trend. Wie kein anderer seiner Konkurrenten übernimmt Fox kritiklos die Position der US-Regierung zu Irak. Dass Saddam Hussein direkt die USA bedroht und Al-Kaida-Terroristen unterstützt gilt hier schlichtweg als Tatsache. Deshalb werden auch mit Vorliebe die konservativsten Interviewpartner in die Sendungen eingeladen.

In der oben erwähnten Anti-Europa-Show konnte sich der ehemalige CIA-Direktor James Woolsey nahezu unwidersprochen mit unbelegten Halbwahrheiten auf Chirac und Schröder stürzen. Die Deutschen und die Franzosen, so der Ex-Geheimdienstchef, hätten ja bekanntermassen eine lange Geschichte von Geschäftsbeziehungen mit Diktaturen.

Bewusste Halbwahrheiten

Die Franzosen hätten nur Angst, dass ihre Ölvertraege mit Saddam Hussein nach einer "Demokratisierung Iraks" nichts mehr wert seien, und täten deshalb alles, um einen Krieg zu verhindern. Außerdem würde sich mittlerweile sogar der deutsche Außenminister Joschka Fischer von der sturen Anti-Kriegs-Position des Kanzlers distanzieren, usw.

Der Mann muss entweder immer noch gute Quellen haben, oder er sagt bewusst nur die halbe Wahrheit oder schlichtweg die Unwahrheit. Denn von einem Bruch zwischen Schröder und Fischer in der Irakfrage ist nichts bekannt. Und in Sachen Ölgeschäft sei der Richtigkeit halber hier vermerkt, dass nicht nur französische, sondern auch russische, italienische und Konzerne anderer Nationen, Verträge mit dem Irak in der Tasche haben und dass zur Zeit der Löwenanteil des legal und illegal aus dem Irak exportierten Öl auf Umwegen in amerikanischen Zapfsäulen endet.

Selbstloses Amerika

Der Gipfel der Heuchelei war Woolseys Antwort auf die pseudo-kritische Frage von Hannitys Comoderator, ob denn nicht in erster Linie amerikanische Ölkonzerne von einem Regimewechsel im Irak profitieren würden. "Nein, nein", so Woolsey, das irakische Öl wuerde natürlich dem irakischen Volk gehören und die Gewinne aus seinem Verkauf ausschließlich dem Wiederaufbau des Landes zugute kommen.

Apropos Wiederaufbau: James Woolsey gehört auch zu denen, die fest daran glauben, dass es durch eine Demokratisierung des Iraks quasi im Dominoeffekt zu einer Demokratisierung des gesamten mittleren Ostens kommen wird. Für's Protokoll: Der CIA war nach dem ersten Golfkrieg der Meinung, dass Saddam Hussein gestürzt werde. Dieser Irrtum kostete seinerzeit mehrere Tausend irakischer Kurden und Schiiten das Leben.