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"Gegensätze von Monarchie und Sozialismus"

6. Dezember 2001

– Treffen zwischen dem neugewählten bulgarischen Präsidenten und Exkommunisten Parwanow mit dem Ministerpräsidenten und Exkönig Simeon II. – "Differenzen durch aktiven Dialog überwinden"

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Sofia, 6.12.2001, 1010 GMT, RADIO BULGARIEN, deutsch

Der neugewählte bulgarische Präsident Georgi Parwanow wird sein Amt offiziell am 22.Januar antreten. Er hat aber schon begonnen sich einzuarbeiten. Jetzt hat er sich zu einem Arbeitsreffen mit dem Ministerpräsidenten Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha im Hotel Hilton in Sofia eingefunden.

Der Ministerpräsident und der künftige Staatspräsident haben ihr Treffen im Hilton als ein notwendiges Zeichen für die künftige Zusammenarbeit gedeutet. Tatsächlich erinnerte heute nichts an die historischen Gegensätze von Monarchie und Sozialismus, die einige politische Beobachter nach der Präsidentenwahl vom November (...) wieder auferstehen sahen, weil der Ministerpräsident Bulgariens ein ehemaliger König und der neue Staatspräsident ein Mitglied der ehemaligen Kommunistischen Partei ist. In der sich nun anbahnenden Zusammenarbeit von Parwanow und Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha kann man vielmehr ein Zeichen für die politische Reife der bulgarischen Gesellschaft sehen. Wie durchgängig diese Reife allerdings ist, wird man wohl erst im Verlauf des nächsten Jahres sehen, wenn der Präsident schon eine weile im Amt ist. Das nun auslaufende Jahr 2001 war erfüllt von einer Unzahl von unerwarteten Wendungen im politischen Leben Bulgariens.

Bei den Parlamentswahlen im Juni gaben die Bulgaren eindeutig ihre Unterstützung dem ehemaligen Zaren, der jahrzehntelang im Exil gelebt hatte und erteilten damit der bis dahin regierenden Union der Demokratischen Kräfte eine strenge Abfuhr, obwohl deren Regierung seit 1990 die einzige war, die sich eine volle Legislaturperiode im Amt halten konnte. Ein neuer Umschwung geschah dann bei den Präsidentenwahlen im November, als der bisherige Amtsinhaber Petar Stojanow völlig unerwartet gegen den Chef der Bulgarischen Sozialistischen Partei Georgi Parwanow verlor. Auf diese Weise zeigten die Bulgaren, dass kein Politiker vor Niederlagen sicher ist. Jetzt ist jedenfalls eines klar: jeder Fehler wird die Politiker in Zukunft teuer zu stehen kommen. Deshalb ist auch die Erklärung "guten Willens" zur Zusammenarbeit, die Parwanow und Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha bei ihrem Arbeitsfrühstück abgaben, ein hoffnungsvolles Zeichen für die Gesellschaft. Hören Sie, mit welchen Worten sich die beiden Politiker nach ihrem Treffen an die Öffentlichkeit wandten:

"Man erkennt den Tag schon am Morgen. In diesem und auch im übertragenen Sinne sind keine Konflikte zwischen beiden Institutionen zu erwarten", meinte Georgi Parwanow. "Bei der Einhaltung der Unabhängigkeit der einzelnen Institutionen kann man im Dialog auf jene Dinge Wert legen, die uns im Rahmen unserer nationalen Prioritäten vereinen. Dort, wo es Differenzen zwischen uns gibt, können wir sie durch einen aktiven Dialog überwinden. In unserem Gespräch ging es hauptsächlich um unsere Zusammenarbeit in Hinsicht auf die Mitgliedschaft Bulgariens in der Europäischen Union, da dies zu den wichtigsten Prioritäten unserer beiden Institutionen zählt. Dafür sind die Bemühungen des gesamten bulgarischen Volkes nötig, auch der Institutionen, damit wir die Skepsis unserer EU-Partner überwinden und Entscheidungen treffen, die unsere Aufnahme in die EU beschleunigen. In diesem Sinne wird jeder von uns vor unseren EU-Partnern dafür Lobbyarbeit leisten, dass wir schneller in die Europäische Union und in die NATO aufgenommen werden."

Hören Sie nun auch die Äußerung von Premierminister Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha:

"Es ist in einer Demokratie etwas völlig Normales, dass man miteinander spricht und Themen erörtert, die von gemeinsamem Interesse sind", sagte Ministerpräsident Simeon II. "Wir müssen Wege finden, um gemeinsam für die Interessen Bulgariens zu arbeiten und um der Welt zu zeigen, dass wir in Hinsicht auf die Prioritäten unseres Landes uns einig sind. Es handelt sich hierbei nur um ein Anfangsgespräch, bei dem wir nicht ins Detail gegangen sind. Schließlich hat alles seine Zeit. Ich meinerseits könnte nicht behaupten, dass es irgendwelche Differenzen zwischen uns gegeben hat. Was meinen Sie dazu Herr Parwanow?"

"Ich kann es mit aller Entschiedenheit sagen: Nein, zurzeit gibt es keine Fragen, in denen wir Differenzen hätten", antwortete darauf Georgi Parwanow. (fp)