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Gegenseitiger Nutzen für Afrika und China

Das Gespräch führte Li Qi, Deutsch von Wang Yang25. April 2006

Chinas Staatspräsident Hu Jintao reist durch drei afrikanische Länder. Welche Ziele verfolgt er? Die chinesische Afrika-Expertin He Wenping über Hintergründe und Perspektiven der chinesischen Afrika-Politik.

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Ein Hoch auf die Freundschaft in Nigerias Hauptstadt LagosBild: AP

DW-WORLD: Wie hat sich Chinas Afrika-Strategie in den letzten Jahren entwickelt?

He Wenping: Die ist seit Anfang der 1990er Jahre unverändert geblieben. Es gab drei Phasen: In der ersten von der Gründung der Volksrepublik 1949 bis Ende der 1970er Jahre leistete China aus ideologischen Erwägungen Entwicklungshilfe. Die zweite Phase begann mit Chinas Öffnung und erstreckte sich über die 1980er Jahre. Bei seinem Besuch in Afrika stellte der damalige Ministerpräsident Zhao Ziyang eine Politik des gegenseitigen Nutzens und Gewinnens auf. Es wurde nicht mehr nur von Wirtschaftshilfe geredet, sondern der gegenseitige Nutzen in den Vordergrund gestellt. Seit Anfang der 1990er Jahre läuft die dritte Phase: Als der Westen nach 1989 Sanktionen gegen China verhängte, veränderte China seine Politik, indem es Afrika sowohl politisch als auch wirtschaftlich Beachtung schenkte. Politisch sah China in Afrika einen Verbündeten und wirtschaftlich unterstrich es die gegenseitige Ergänzung. In allen Bereichen, einschließlich der Kultur, strebte China eine Zusammenarbeit auf allen Ebenen: von der Regierung bis zu den Massenorganisationen.

Ende 2005 hat China zum ersten Mal ein Grundsatz-Papier über seine Afrika-Politik veröffentlicht. Anfang 2006 besuchte Außenminister Li Zhaoxing Afrika. Jetzt reist Hu Jintao durch drei afrikanische Länder. Kann man sagen, dass China dieses Jahr seine Beziehungen zu Afrika besonders groß schreibt?

Dieses Jahr hat China seine Beziehungen zu Afrika intensiviert - aus verschiedenen Gründen: Es jährt sich dieses Jahr zum 50. Mal die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Im Mai 1956 hat Ägypten als erstes afrikanisches Land diplomatische Beziehungen zu China aufgenommen. Seither erlangte ein Land nach dem anderen die Unabhängigkeit und nahm diplomatische Beziehungen zu China auf. Zweitens finden Ende des Jahres eine Reihe Veranstaltungen statt, darunter ein Kooperationsforum, das dritte Ministerialtreffen und nicht zuletzt das Gipfeltreffen in Peking, zu dem alle Staats- und Regierungschef Afrikas kommen werden. Kurz, die Beziehungen werden einen neuen Höhepunkt erreichen.

Hu Jintao
Chinas Präsident Hu JintaoBild: dpa - Bildfunk

Westliche Medien sind allgemein der Auffassung, dass China in Afrika vor allem seine Energieprobleme lösen möchte. Was sagen Sie dazu?

Selbstverständlich ist die Energieversorgung von großer Bedeutung. Öl ist für China zunehmend wichtig. Das braucht man nicht zu vertuschen. Haben Europa, die USA und andere Länder Asiens nicht das gleiche getan? Es sind Aktivitäten chinesischer Unternehmen - und einem Unternehmen steht das Recht zu, überall in der Welt zu expandieren und zu investieren. Vergleicht man das mit den Aktivitäten des Westens, hat China zumindest nichts Schlechtes gemacht. Ein Beispiel: Seit über zehn Jahren hilft China dem Sudan bei der Entwicklung seiner Erdölindustrie. Mit Hilfe Chinas ist der Sudan von einem Importland zu einem Erdöl-Exporteur geworden. Werfen wir einen Blick auf Nigeria: Der Ölkonzern Shell hat über 50 Jahre in Nigeria Öl gefördert - mit dem Ergebnis, dass das Land bis heute Rohöl exportiert und Benzin importiert, weil es über kein eigenes Verarbeitungssystem verfügt. China erklärt sich im Weißbuch über seine Afrika-Politik dazu bereit, afrikanischen Ländern bei der Erhöhung ihrer Leistungsfähigkeit zu helfen. Würden westliche Länder auch so etwas erklären?

Westliche Medien verweisen darauf, dass China Afrika jährlich Entwicklungshilfe im Wert von Milliarden US-Doller leistet, während es selbst Entwicklungshilfe bekommt. Viele Menschen halten das für paradox...

Ich bin der Meinung, dass es dabei nichts Ungerechtes oder Verwunderliches gibt. Viele andere Länder gewähren als Hilfsempfänger auch Hilfe an andere Länder. Ein Beispiel dafür sind die USA, die Entwicklungshilfe leisten, gleichzeitig aber auch hoch verschuldet sind. China ist nach wie vor ein armes Land. Es steht mit seinem Bruttoinlandsprodukt zwar vorn in der Welt, das Pro-Kopf-Einkommen ist aber noch niedrig. China hat viele hauseigene Probleme, wie etwa das große Wohlstandsgefälle. China ist kein reiches Land, aber es leistet Entwicklungshilfe. Das hängt mit Chinas Wertvorstellungen zusammen. Zurzeit steht der Konfuzianismus in China hoch im Kurs. In der Mao-Zeit war China viel ärmer, trotzdem hat es Hilfe an noch ärmere Länder gewährt. Es war nach Maos Theorie der Geist des Internationalismus.