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Geheimes Geschacher um Kirch

Petra Tabeling 19. September 2002

Die KirchGruppe ist seit Monaten finanziell handlungsunfähig. Das einstmalige Medienimperium soll deshalb verkauft werden. Angebote gibt es bereits - auch aus dem Ausland. Doch wer erhält den Zuschlag?

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Wer wird neuer Eigentümer der Kirch-Filme?Bild: AP

Seit die KirchMedia-Gruppe im April 2001 Insolvenz anmeldete, schienen die Spekulationen um die Zukunft des Konzerns mit Sitz in München kein Ende zu nehmen. Anbieter aus dem In- und Ausland bekundeten ihr Interesse an Deutschlands insolventem Medienkonzern. Doch nach wie vor ist unklar, wer das Rennen macht. Einzig sicher ist mittlerweile die Frist für die Einreichung der Angebote: Bis zum 18. September mussten sie dem Kirch-Gläubigerausschuss vorliegen.

Auch ein Scheich bietet mit

Nach Medieninformationen soll es bis zu diesem Termin viele Angebotsbekundungen gegeben haben, doch nur drei Anbieter hätten schließlich auch verbindliche Angebote auf den Tisch gelegt: Ein Konsortium aus der Commerzbank und dem Hollywoodstudio Columbia, die gleichzeitig dem Gläubigerausschuss angehören, eine Gruppe mit der US-Bank Lehman Brothers, einem Ölprinzen namens Al Walid und der Handelsgruppe Rewe sowie ein Verbund aus dem französischen Fernsehsender TF1 und dem israelisch-amerikanischen Medienunternehmer Haim Saban.

Die KirchMediaGruppe hüllt sich über diese Informationen in vornehmes Schweigen. Auf Nachfrage von DW-WORLD dementierte das Medienhaus weder die Kaufangebote noch bestätigte sie die Namen der Kaufinteressenten. Auch nicht, wie die Kaufangebote in dem Gläubigerausschuss gewichtet werden. "Es werden Eckpunkte besprochen", so der kurze Kommentar des Kirch-Pressesprechers Hartmut Schulz. Und auch über Geld spricht man nicht: "Die Angebote sind zu unserer vollsten Zufriedenheit", so Schulz. Nur eines wurde bestätigt: die KirchMedia Gruppe wird bis Mitte Oktober dieses Jahres ihren Favoriten aus der Anbieter-Gruppe offiziell benennen.

Auch im Hause der Commerzbank hält man sich noch mit Informationen zurück. Ja, man sei mit einem Kaufangebot an die KirchMedia herangetreten, aber noch nenne man keine Summe. Deutschen Nachrichtenagenturen zufolge belaufe sich die Höhe des Kaufpreises, die die drei Bieter jeweils zu zahlen bereit sind, auf mehr als zwei Milliarden Euro. Auf diese Summe wird auch der Wert der KirchMedia geschätzt.

Den zugänglichen Informationen zufolge soll der Konzern in seine Einzelteile "zerschlagen" und dann verkauft werden. Das bedeutet, dass der mit etwa 500 Millionen Euro bewertete Sportrechtebereich (und damit die weltweiten Rechte für die Fußball-WM 2006 in Deutschland) separat abgestoßen wird. Auch sollen die möglichen Investoren zunächst die Mehrheit an der Fernsehtochter ProSieben Sat.1 erhalten. KirchMedia hält an dem börsennotierten Unternehmen 52,5 Prozent der Anteile. Den Wert dieses Aktienpakets bewerten die Münchener mit etwa einer Milliarde Euro. Für Bieter ist dies ein besonders attraktives Stück des Konzerns, denn die Gesellschaft arbeitet profitabel und bietet eine klare Möglichkeit zum Weiterverkauf, da sie börsennotiert ist.

Spannung

Doch auch wenn der Kreis der Anbieter festzustehen scheint, gibt es weitere Interessenten, die noch auf ihre Chance lauern: Die italienische Medienfirma Mediaset, die zur Firmengruppe Silvio Berlusconis gehört, bekundet nach wie vor ihr Interesse. Der Preis sei ihnen bisher zu hoch gewesen, so der Unternehmenschef Fedele Confalonieri. Nun spiele man auf Zeit. Auch die Verlage Springer, Spiegel und Bauer sollen angeblich ein Interesse bekundet haben.

Für Medienbeobachter wie Dr. Jo Groebel vom Europäischen Medieninstitut in Düsseldorf ist diese Verschleierung von Informationen in der Kirch-Frage nicht unbekannt: "Wenn eines Kontinuität hat im Falle Kirch, dann ist es die vollkommene altbekannte Unklarheit, wer das Rennen machen wird, wenn es um An- und Verkäufe geht", sagte der Medienwissenschaftler im Gespräch mit DW-WORLD. Eine Gefährdung der Meinungsvielfalt in Deutschland werde es seiner Meinung nach aber nicht geben, gleichgültig, welcher Bieter am Ende zum Zug kommt. "Deutschland besitzt eine sehr gute Medienkontrollgesetzgebung", so Groebel, "und da mache ich mir keine Sorgen, auch wenn ein Scheich die Gruppe kaufen sollte."