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Gelbfieber lebe hoch!

Patrick Tippelt12. Juni 2006

König Bhumiphol feiert den 60. auf dem Thron - und ganz Thailand feiert mit, während es in Gelb versinkt. Wenn es doch bloß nicht gewissen Untertanen aufgezwungen wäre.

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Nur noch die rot-grün schimmernden Tempeldächer Bangkoks sind sichtbar. Doch an Hochhausfassaden, über Autobahnen, in Parks herrscht nur eine Farbe dieser Tage. Ob sanft, ob schrill - Thailand versinkt in Gelb.

Seit sechs Dekaden sitzt König Bhumiphol nun schon auf dem Thron Thailands. Das strahlende Licht des Landes regiert würdevoll, voller Gnaden und Liebe. Die gefolgsamen Untertanen verehren ihren gottähnlichen Monarchen.

Am 12. Juni feiert Thailand das 60. Jubiläum der Thronbesteigung Bhumiphols. Und weil er an einem Montag geboren wurde, ist seine Farbe – laut buddhistischer Farbenlehre – gelb.

Gespenstisch leer

Damit die tagelangen Festivitäten von internationalen VIPs mühelos und stressfrei erreicht werden können, verdonnerte das thailändische Parlament die Bürger zu einem sehr langen Wochenende. Von vergangenem Freitag bis Dienstag wird nirgendwo gearbeitet. Und da zu viele Bangkoker – anstatt dem König zu huldigen – den Mini-Urlaub für einen Kurzbesuch der Familie nutzen, bietet Bangkok ein kaum vorstellbares Bild: makellos saubere, in Gelb herausgeputzte Straßen, gespenstisch leer. Alle paar Minuten ein Fahrzeug, ein Bus ohne Fahrgäste. Und immer wieder Autokolonnen, die mal den japanischen Kaiser Akihito, mal Prinzessin Sophie aus Liechtenstein zu Feierlichkeiten transportieren.

Objekt der kollektiven Obsession

Doch wie so oft in Thailand übernehmen sich die Menschen, kreieren beinahe eine Welle des Fanatismus, treiben sich selbst in einen kollektiven Wahnsinn, der öfters in Massenpanik ausartet. Das aktuelle Objekt der Obsession: besagte königliche Farbe, Bhumipols Gelb.

Ein gelbes Fieber jagte vergangene Woche durchs Land. Dienstag war der letzte Tag, an dem die offiziellen Monturen verkauft wurden. Knapp 4 Euro per T-Sirt mit dem königlichen Abzeichen – das wollte sich niemand entgehen lassen. Tumult brach an den wenigen Verkaufsstellen aus: Ältere Damen kollabierten inmitten Mengen, die nach Luft schnappten. Schon frühmorgens teilten Beamte Anstehtickets aus.

200 Prozent teurer in 24 Stunden

Erfolglose Käufer mussten bei skrupellosen Straßenhändlern billige Fälschungen für teures Geld erwerben – der Preis stieg binnen eines Tages um mehr als 200 Prozent. Bis das Handelsministerium ein Einsehen hatte und nochmals eine halbe Million gelber Jacken, Polo-Shirts und Muckihemdchen drucken ließ. Zuviele Verbraucher hatten sich über die überteuerten Schwarzmarktprodukte beschwert.

Von denen waren die meisten Staatsbeamte. Nicht dass diese Geizhälse wären, auf nicht mehr aus als auf Schnäppchen. Die Regierung beorderte alle Staatsdiener zum Zwangsoutfit. Bis zum 15. Juni müssen sie die Gelbhemden am Arbeitsplatz tragen. Und jeden Montag, bis Ende dieses Jahres. Parlamentarier sind von der neuen Regel – natürlich – ausgeschlossen. Da glüht so manchem das Herz über, aus lauter Liebe zu Bhumiphol.