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Gemälde über Sofas

Benjamin Denes13. Dezember 2004

Gemälde, Fotos oder Drucke muss man heutzutage nicht mehr in Galerien oder Ateliers erstehen. Ein Klick bei eBay kann schon reichen. Ein Blick auf den virtuellen Kunstmarkt und seine Auswirkungen auf den traditionellen.

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Kunst bei eBay: Nicht zum AnfassenBild: dpa

Ein Kunstwerk sollte für ein schönes Ambiente sorgen, in die Wohnzimmereinrichtung und zum Sofa sollte es passen. Diesen Eindruck gewinnt der geneigte Kunst-Novize auf den Seiten einer ganz speziellen Rubrik bei eBay: Künstler-Selbstvermarktung. Gemälde, Drucke und Skulpturen, die dort versteigert werden, werden oft in geschmackvoller Wohnzimmer-Dekoration fotografiert.

Die meisten Werke beim Internet-Auktionshaus seien "Massenverkaufsware im Bereich Innendekoration." Dieses Urteil fällt Markus Wirthmann von "Lücke & Partner", einem eBay-Shop, der im Frühjahr 2004 gestartet ist. "Wir machen das wegen der Kommunikationskanäle, die einem bei eBay zur Verfügung stehen." Markus Wirthmann ist einer von acht Künstlern, die sich zu einer reinen Online-Galerie zusammengeschlossen haben.

Neo Rauch
Ölgemälde von Neo RauchBild: VBK, Wien

"Keiner von uns lebt davon, wir haben alle noch Galeristenverträge", so Wirthmann. Auktionen von Künstlern wie Neo Rauch, seien eine Ausnahme. "Von Rauch hat eine Leipziger Galerie ein Bild für 70.000 Euro bei eBay versteigert", erzählt Wirthmann, "das war wahrscheinlich ein Testballon."

Kunst vs. Ramsch

Kunst bei eBay-Deutschland bedeutet für einen exemplarischen Tag (6.12.2004): 3500 Fotos, über 12.000 Drucke und Zeichnungen, weit über 16.000 Malereien und knapp 2000 Skulpturen. Knapp 3000 dieser Werke sind wiederum bei "Künstler-Selbstvermarktung" kategorisiert. Der größte Teil davon sind Werke von Hobbykünstlern oder billige Kopien bekannter Originale.

Die Gründe dafür liegen in der Struktur von eBay. Der Berliner Galerist und Auktionator Tilmann Bassenge bezweifelt, dass Kunden Summen von 5000 Euro und mehr für Kunst zahlen, die sie nur als Foto gesehen haben: "Ein Künstler, der sich selbst nur über das Netz oder Kataloge vermarktet, vernachlässigt das Käuferinteresse und hat deswegen kaum Erfolgsaussichten im Preissektor für ernsthafte Kunst." Dabei sieht der Kunsthändler die Online-Präsentation durchaus positiv, "durch unsere Website haben wir viele neue Kontakte geknüpft, vor allem mit Kunden aus dem Ausland."

Picassos Knabe mit Pfeife teuerstes Gemälde der Welt
"Der Knabe" von Picasso, für 104 Millionen Dollar bei Sothebys versteigertBild: AP

Bassenge verhandelt derzeit mit eBay über eine Kooperation ab 2005. "Dabei würde unsere Auktion live auf eBay übertragen, dass heißt es wäre eine rechtlich verbindliche Auktion. Ein Auktionator ermittelt das Höchstgebot und nicht das zeitliche Limit. Außerdem könnte man in flexiblen Abständen bieten", so Bassenge. Bereits 2002 hat das Auktionshaus Sotheby's seine Online-Auktionen mit eBay zusammen geführt. Nach einem Jahr gab Sotheby's wieder auf; per Tastatur und Maus wollten die Stammkunden dann doch keine Millionen-Gebote abgeben.

Vier-Prozent-Hürde

Galeristen und Auktionshäuser beziffern ihren Internet-Umsatz für das abgelaufene Geschäftsjahr auf vier Prozent - gegenüber beispielsweise den Kunstmessen mit 31 Prozent. Was ist aber mit den täglich über 30.000 eBay-Angeboten? Nur, weil deren Anbieter nicht zum Kunsthandelsverband gehören, darf man ihnen zunächst nicht die Fähigkeit absprechen, Kunst verkaufen zu dürfen.

Doch genau die hierfür notwenige Kompetenz haben offenbar viele dieser "Ich-AGs" nicht. Statt Sicherheit und Beratung, die Galerien bieten können, liefern die Kunsttheoretiker bei eBay Nonsens wie "das Werk besticht durch die leuchtinstensiven Farben, die durch die spezielle Maltechnik der Künstlerin erreicht wurden. Grafische Elemente sowie Collagen bieten einen esthätischen Kontrast zur schlichten Eleganz des abstakten Kunstwerkes. …Der Glanz intensiviert den repräsentativen Bildkarakter. …" (Zitat aus eBay-Auktion) Das so beworbene, 100x80 cm große Bild hat dennoch einen Verkaufspreis von über 40 Euro erzielt. Die Fotos zeigten es über einem schicken Dreisitzer-Ledersofa.