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Reaktionen Griechenland

21. Februar 2012

Brüssel hat neue Milliarden für das schuldengeplagte Griechenland freigegeben. Das Land atmet auf, aber für wie lange? Darüber sind sich Politiker und Kommentatoren in der griechischen Hauptstadt Athen uneins.

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Griechische Flagge mit Euroscheinen (Foto: dpa)
Nach einer langen Nacht bekam Griechenland grünes Licht für ein neues HilfspaketBild: picture-alliance/dpa

Gleich nach der Verkündung der Freigabe des neuen Rettungspaketes in Brüssel sprach der griechische Übergangspremier Lucas Papademos von einem "historischen Ereignis". Finanzminister Venizelos erklärte selbstzufrieden, Griechenland habe ein "besseres Verhandlungsergebnis erzielt, als ursprünglich angepeilt", und die Regierung könne sich jetzt darauf konzentrieren, die Wirtschaft des Landes wieder auf die richtige Spur zu bringen.

Das klang nach Wahlkampf, genau so wie die Äußerung von Alexis Tsipras, der als Vorsitzender der "Allianz der radikalen Linken" das Rettungspaket in Frage stellt. Nicht das Volk, sondern die Regierenden würden sich an diesen Deal gebunden fühlen, erklärte Tsipras in Athen. Deswegen würde seine Partei weiterhin gegen die Brüsseler Vereinbarung kämpfen. Sein Wort hat mittlerweile Gewicht, weil die zum Teil europafeindlichen Linken in Griechenland immer stärkeren Zulauf erhalten. Bei den spätestens für Mai geplanten Neuwahlen könnten sie laut Umfragen bis zu 43 Prozent der Stimmen bekommen.

Lucas Papademos (Foto:Thierry Charlier/AP/dapd).
Lucas Papademos sprach von einem historischen EreignisBild: AP

Gefahr einer Staatspleite abgewendet

Auch die Chefin der in Griechenland traditionell starken orthodox-kommunistischen Partei Aleka Papariga sprach sich gegen den 130-Milliarden-Deal aus. Das Geld würde lediglich einen kleinen Teil seiner "auf Kosten Griechenlands erwirtschafteten Riesengewinne der letzten Jahre zurückzahlen", erklärte die Kommunisten-Chefin.

Der populäre konservative Parteiführer Antonis Samaras sagte während eines Besuchs bei Zyperns Präsident Dimitris Christofias, die Brüsseler Entscheidung sei positiv, weil sie die Gefahr einer Staatspleite abwende und den Weg für Neuwahlen in Griechenland freimache.

Griechische Presse: Das Unheil kommt danach

"Ein Pokerspiel mit vollem Einsatz bis in die frühen Morgenstunden" – so kommentiert die auflagenstärkste Athener Tageszeitung "Ta Nea" und hebt die positiven Aspekte des Deals hervor: "Man bekommt nicht jeden Tag einen Schuldenberg von 100 Milliarden Euro gestrichen", heißt es im Leitartikel der Zeitung.

"Das Einzige, was mit absoluter Sicherheit nach dem 130-Milliarden-Paket kommt, ist der Wahlkampf", resümiert das angesehene Wirtschaftsblatt "Naftemporiki". Bis zu den Wahlen würde "die Arbeitslosigkeit weiter steigen, die Wirtschaft weiter schrumpfen und die Armut weiter um sich greifen", heißt es im Leitartikel.

Kiosk in Griechenland und Passanten (Foto:Thanassis Stavrakis/AP/dapd)
Griechische Presse regierte positiv und besorgtBild: dapd

Unheil verkündet auch der Publizist und Politkommentator Giorgos Kyrtsos: "Wir sind im Moment gar nicht in der Lage unsere Einnahmeziele zu erreichen. Erst Mitte Dezember 2011 hat das Parlament den Haushalt für 2012 genehmigt, und schon heute brauchen wir einen Nachtragshaushalt. Wenn wir diese Mentalität nicht zügig ändern, werden wir in sechs oder spätestens neun Monaten erneut vor einer Sackgasse stehen", warnte Kyrtsos im griechischen Staatsfernsehen.

Autor: Jannis Papadimitriou
Redaktion: Marina Martinović