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Generaldebatte über deutsche Regierungspolitik

Bernd Gräßler, Berlin / (kap)31. März 2006

Die Verabschiedung des Staatshaushalts ist die vielleicht vornehmste Aufgabe des Parlaments. Wegen der vorgezogen Bundestagswahl im September hat sich der Bundestag erst jetzt abschließend mit dem Etat 2006 beschäftigt.

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Angela Merkel musste ihre Politik verteidigenBild: AP

Traditionell dient die Beratung des Kanzleretats auch zu einer Generalaussprache über die Regierungspolitik. Am Mittwoch (29.3.2006) war es wieder soweit. In einem ist sich die Opposition im Bundestag einig: die Regierungskoalition von Union und SPD habe in den bisher 130 Tagen ihres Amtierens zwar einen Personen-, aber keinen Politikwechsel vollzogen.

Der liberale Fraktionschef Wolfgang Gerhardt kritisierte die veraltete Arbeitsmarktpolitik: "Wenn ich die Debatte so verfolge, bleibt bei Ihnen die ganze wirkungslose sozialdemokratische Apotheke der Arbeitsmarktpolitik voll in Kraft. Und die hat zu fünf Millionen Arbeitslosen geführt."

"Große Koalition setzt Politik der Vorgängerregierung fort"

Auch nach Auffassung der Linkspartei führt CDU-Kanzlerin Merkel lediglich die Politik der rot-grünen Vorgängerregierung fort, und zwar im Inneren wie im Äußeren. Fraktionschef Oskar Lafontaine kritisierte, dass die Regierung im Kampf gegen den internationalen Terrorismus mit unterschiedlichen Maßstäben messe: "Für uns ist Terrorismus das Töten unschuldiger Menschen zum Erreichen politischer Ziele. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Bombardierungen von Städten und Dörfern in Afghanistan oder Irak terroristische Akte."

Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn forderte von der Regierung Merkel ein klares Wort gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen in der Welt. Indien werde durch die Bush-Administration in den Status einer Atommacht gehoben: "Wie wollen wir denn den Iranern sagen, sie sollen keine Atomwaffen haben, oder in Nordkorea, Saudi-Arabien oder sonstwo, wenn wir nicht klar und deutlich sagen: es gilt das internationale Regime der Abrüstung?"

Kongo, Weißrussland, Afghanistan

Auch Kanzlerin Merkel stellte die Außenpolitik an den Anfang ihrer Rede. Sie warb im Bundestag für die Entsendung deutscher Soldaten zur Überwachung von Wahlen im Kongo, verurteilte die Wahlfälschungen in Weißrussland und begrüßte die Freilassung des Afghanen Abdul Rahman, der wegen seines Übertretens zum Christentum in Afghanistan ins Gefängnis gesperrt worden war.

In der Innenpolitik bekräftigte Angela Merkel ihre Politik der kleinen Schritte: "Wenn wir den Menschen nichts Falsches versprechen, kann wieder ein Stück Vertrauen entstehen in das, was wir vor uns haben. Ohne Vertrauen der Bevölkerung in das, was wir tun, können wir die Veränderungen nicht schaffen."

Die Bundeskanzlerin deutete mit Blick auf die Reform der Krankenversicherung an, dass die Deutschen künftig mehr für Gesundheit ausgeben müssten, wenn niemand vom künftigen medizinischen Fortschritten ausgeschlossen werden solle. Den sich anbahnenden Streit zwischen SPD-Arbeitsminister Müntefering und Unionspolitikern über den Kündigungsschutz versuchte die Kanzlerin zu dämpfen. Es gelte die Koalitionsvereinbarung. Darin ist eine Ausdehnung der Probezeit für neu eingestellte Arbeitnehmer von sechs Monaten auf zwei Jahre vorgesehen.

Am Freitag (31.3.) hat der Bundestag Haushaltsdebatte beendet. Der erste Etat der großen Koalition wurde vom Parlament an den Haushaltsausschuss überwiesen. Der Entwurf von Finanzminister Peer Steinbrück für 2006 sieht Ausgaben von 261,7 Milliarden Euro und eine Neuverschuldung von 38,3 Milliarden Euro vor. Im Haushaltsbegleitgesetz ist zudem die Erhöhung der Mehrwert- und Versicherungsteuer von 16 auf 19 Prozent zum 1. Januar 2007 festgeschrieben. Endgültig soll der Haushalt Ende Juni verabschiedet werden.