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Generation "Ich" mit Bodenhaftung

Petra Tabeling 23. August 2002

Familienministerin Bergmann ist begeistert: Die Shell Studie zeigt, dass es trotz Rezession in Deutschland eine Bevölkerungsgruppe gibt, die hochmotiviert und optimistisch in die Zukunft blickt: die Jugendlichen.

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Selbstbewusst und optimistisch: Vor allem Mädchen wissen, wo's langgehtBild: Bilderbox

Aufsteigen statt absteigen, Karriere und Fleiß statt Null-Bock-Stimmung, die eigene Familie als Vorbild statt Rebellion gegen alte Traditionen. Die alten Werte, sie zählen wieder. Zu dem Schluss kommt die Shell-Jugendstudie, die am Montag (19. August 2002) in Berlin offiziell vorgestellt wurde.

"Eine so ehrgeizige Generation wie die 2002 hat es noch nie bei einer Shell-Studie gegeben", so das Fazit von Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Soziologe der Universität Bielefeld, gegenüber DW-WORLD. Der Sozialwissenschaftler muss es wissen, denn er hat zusammen mit weiteren Experten wie dem Münchener Forschungsinstitut Infratest im Auftrag des deutschen Energie-Konzerns Shell AG 2500 Jugendliche zwischen 12 und 25 Jahren zu den Themen Bildung, Familie und Zukunft befragt.

Und die Ergebnisse sind überraschend: Denn die Vorstellungen der Jugendlichen seien ein Mix an ein "Sowohl als auch". Leistung, Sicherheit, Macht und Einfluss aber auch Kreativität, Toleranz und Genuss sind gleichzeitig wichtig für deutsche Jugendliche.

Nicht Karriere statt Familie, sondern Beruf und Kínd

Professor Dr. Klaus Hurrelmann - Shell Jugendstudie
Prof. Dr. Klaus Hurrelmann

"Wir haben eine richtige Aufsteigermentalität", so Klaus Hurrelmann. Vor allem im Bildungsbereich wollen die Jugendlichen vorwärts kommen. Und die Mädchen bzw. junge Frauen in Deutschland schneiden "ganz hervorragend" ab. Sie sind laut der Umfrage wesentlich besser als das männliche Geschlecht. "Sie sehen ihre Zukunft darin Karriere und Familie zu verbinden."

Eltern als Vorbilder

Und der Optimismus kommt nicht von ungefähr: "Wir haben den Eindruck, dass dieses Verhalten stark von den Elternhäusern geprägt ist." Statt Rebellion, einstige Pflichtübung der Flower-Power-Generation, also elterliche Vorbildfunktion. Das erste Mal, seit die Studie 1952 ins Leben gerufen wurde. "Das ist ja auch ein Kompliment an die Eltern, die die jungen Leute in der Studie somit zum Ausdruck bringen," meint der Sozialwissenschaftler. "Sie möchten ihre Kinder einmal so erziehen, wie sie selbst erzogen wurden."

Optimismus statt Frust

Die schlechte Wirtschaftslage in Deutschland und hohe Arbeitslosigkeit beeindruckt die Generation mit Bodenhaftung kaum: Die Generation der 16 bis 25jährigen sei eine sehr sensible Generation, denen zwar "quälende Probleme" wie Katastrophen, die Umweltzerstörung, der Arbeitsmarkt nicht egal seien, aber die dennoch ihren eigenen Weg gingen, so Hurrelmann.

Gesunder Egoismus?

Doch bedeute das nicht, dass die Jugendlichen eine Generation der Egoisten sei. Eine solche Tendenz lasse sich zwar nicht leugnen, meint Karl Hurrelmann, "wir haben diesen Trend, aber gesellschaftliches Engagement ist immer auch mit dem Gedanken verbunden, 'was habe ich denn davon'".

Engagement, aber "Null Bock" auf die Politik

Doch die Studie ist trotz Lobs der Experten auch besorgniserregend. Kaum zuvor hatten Jugendliche so wenig "Bock" auf die Politik: Nur 34 Prozent seien politisch interessiert und nur 35 Prozent würden ganz sicher an den Wahlen teilnehmen. Heikle Tendenzen, die kurz vor der Bundestagswahl Bedenken hervorrufen: "Das sind problematische Ergebnisse, die uns allen zu Denken geben müßte", so Prof. Hurrelmann.

Die Politik müsse endlich auf die jungen Leute zugehen und sich auf dieses Lebensgefühl, dass aus der Studie entstand, einlassen. Die Jugendlichen machen dann mit, wenn sie Spuren hinterlassen können. "Das Engagement bei der aktuellen Flutkatastrophe war ein positives Beispiel". Die Jugendlichen in Deutschland wollen mitgestalten, aber nur, wenn sie auch gefragt werden.