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Medikamente für Arme

7. August 2007

Novartis darf in Indien Patente nicht durchsetzen - ein Rückschlag für die Forschung, glaubt der Pharamariese, ein Sieg für die Armen, meinen Entwicklungspolitiker. Ein anderes Urteil hätte dramatische Folge gehabt.

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Demonstration in Kalkutta gegen den Schweizer Pharmariesen Novartis, Quelle: AP
Demonstration gegen die Klage von Novartis in KalkuttaBild: AP

Generika sind so wirksam wie Originalmedikamente, nur vielfach günstiger - und damit eine Hoffnung für die Entwickungsländer. Novartis wollte sich die Gewinne allerdings nicht wegnehmen lassen. Ein Gericht in der südindischen Stadt Chennai hat am Montag (6.8.) die Patentklage des Schweizer Pharma-Konzerns zurückgewiesen - und damit einen Weg für die Verwendung von günstigeren Nachahmermedikamenten für Millionen Patienten offen gehalten.

Symbolbild Pillen, Foto: DW
Preis oder Patentschutz - was ist wichtiger?Bild: Bilderbox



Der Basler Pharmariese bedauerte die Entscheidung in einer Mitteilung als einen Schlag gegen das Konzept des geistigen Eigentums. Es sei zu befürchten, dass damit langfristige negative Auswirkungen auf die Arzneimittelforschung verknüpft sein könnten. Novartis erklärte jedoch auf seiner Website in Indien, es werde die Entscheidung vermutlich nicht anfechten. Erst müsse aber der volle Wortlaut des Urteils abgewartet werden. Das Unternehmen hatte die Klage wegen seines Krebsmedikaments Glivec 2006 eingereicht.

"Erfolg der Zivilgesellschaft"

Anders als andere Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO hat Indien eine einzigartige Klausel in seinem Patentgesetz, die vorsieht, dass nur neue und wirksamere Medikamente patentrechtlich gewerblich geschützt werden können. Dies gilt auch für eine Reihe von Medikamenten gegen die Immunschwächekrankheit Aids. Olaf Hirschmann, entwicklungspolitischer Berater für HIV und Aids bei der Organisation Brot für die Welt begrüßte den Gerichtsbeschluss als "großen Erfolg der weltweiten Zivilgesellschaft". Durch das Urteil könne sichergestellt werden, dass neuere AIDS-Medikamente in Indien nicht erneut patentiert werden müssen, wenn sie nur geringfügige Änderungen gegenüber vorherigen Präparaten aufwiesen, erklärte Hirschmann.

Verwundete Frau, Foto: AP
Der Richerspruch: Eine "Sieg für die Ärmsten"Bild: AP

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen nannte die Entscheidung einen "bedeutenden Sieg für Patienten in ärmeren Ländern". Damit verknüpft sei eine große Erleichterung für Millionen von Patienten und Ärzten in Entwicklungsländern, hießt es. Über 420.000 Personen hatten zuvor eine Petition an Novartis unterschrieben, in der sie eine Rücknahme der Klage forderten.

"Sieg für die Ärmsten"

Ein Gerichtsentscheid zu Gunsten von Novartis hätte die Produktion von Generika in Indien drastisch eingeschränkt, erklärte der Direktor der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen, Tido von Schön-Angerer, in Berlin. Indien sei der weltweite Hauptproduzent von Generika und gelte als "Apotheke der Entwicklungsländer". Durch den Gerichtsentscheid werde es unwahrscheinlicher, "dass Patente für Medikamente erteilt werden, die wir dringend benötigen". Die Organisation forderte die Pharma-Industrie und Industrienationen auf, das indische Patentrecht zu akzeptieren und nicht auf striktere Patentgesetze in Entwicklungsländern zu dringen. (ina)