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Gentechnik und Politik

21. Februar 2003

Mitte der achtziger Jahre begann in der Bundesrepublik Deutschland eine breit angelegte Debatte um Chancen und Risiken der Gen-Technologie, an der Politiker, Wissenschaftler und Kirchen beteiligt sind. Eine Chronologie.

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Margot von Renesse, Vorsitzende der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin"

August 1984

: Der Bundestag richtet die erste Enquete-Kommission zu "Chancen und Risiken der Gen-Technologie" ein. Den Vorsitz übernimmt der heutige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Wolf-Michael Catenhusen (SPD).

November 1985

: Die 1984 vom damaligen Bundesforschungs- und Bundesjustizministerium eingesetzte Arbeitsgruppe unter Leitung des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Ernst Benda, ("Benda-Kommission") empfiehlt unter anderem, die Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungs- und Handelszwecken gesetzlich zu verbieten.

November 1989

: Evangelische und katholische Kirche warnen in einer gemeinsamen Erklärung zum Lebensschutz vor der Anwendung der künstlichen Befruchtung und der vorgeburtlichen Diagnostik (PND) und lehnen die Forschung an Embryonen auch bei "noch so hochrangigen Forschungszielen" ab.

November 1998

: Die rot-grüne Koalition verständigt sich auf eine Bundestags-Enquete-Kommission zur Biomedizin.

13. Dezember 1990

: Der Bundestag verabschiedet das Embryonenschutzgesetz, das Experimente an Embryonen, Manipulationen des Erbgutes und Leihmutterschaft in Deutschland verbietet. Es tritt am 1. Januar 1991 in Kraft.

24. März 2000

: Nach zweijährigem Streit setzt der Bundestag die Enquete-Kommission zu "Recht und Ethik der modernen Medizin" ein. Die Leitung übernimmt die SPD-Abgeordnete Margot von Renesse.

21. Dezember 2000

: In einem Beitrag für "Die Woche" wendet sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gegen "eine Politik ideologischer Scheuklappen und grundsätzlicher Verbote" und löst damit eine Debatte über einen Kurswechsel der Bundesregierung in der Genpolitik aus.

18. Januar 2001

: Ulla Schmidt (SPD) wird Bundesgesundheitsministerin und unterstützt die Position von Schröder. Sie legt das geplante Fortpflanzungsmedizingesetz ihrer Vorgängerin Andrea Fischer (Grüne) auf Eis. Es sollte unter anderem das Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) enthalten.

22. Januar 2001

: In Großbritannien wird das so genannte therapeutische Klonen von Embryonen vom 31. Januar 2001 an erlaubt.

Februar 2001

: Bundeskanzler Gerhard Schröder kündigt die Einrichtung eines nationalen Ethikrats an und erntet Kritik an dem demokratisch nicht legitimierten Gremium.

2. Mai 2001

: Die Bundesregierung beschließt die Einsetzung eines Nationalen Ethikrats. Schröder beruft 25 Wissenschaftler, Kirchenvertreter und Politiker als Mitglieder.

Mai 2001

: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) rückt von ihrer bisherigen Ablehnung der Embryonenforschung ab und empfiehlt, die Forschung an embryonalen Stammzellen zuzulassen und den Import zu genehmigen.

18. Mai 2001

: In seiner Berliner Rede spricht sich Bundespräsident Johannes Rau gegen die Embryonenforschung und die PID aus und kritisiert damit indirekt Schröder: "Wo die Menschenwürde berührt ist, zählen keine wirtschaftlichen Argumente."

31. Mai 2001

: Der Bundestag debattiert über Stammzellenforschung und die PID, ohne einen Beschluss zu fassen. Gegner und Befürworter der neuen Gentechniken finden sich in allen Parteien. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) kündigt an, er werde den Bonner Forschern um Oliver Brüstle die Arbeit mit Stammzell-Linien aus Israel ermöglichen und sie fördern.

8. Juni 2001

: Der Nationale Ethikrat konstituiert sich.

13. Juni 2001

: Zur Eröffnung des 29. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Frankfurt am Main fordert der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock ein Verbot der Embryonenforschung und der PID. Gentechnik ist eines der Hauptthemen des Kirchentags.

Juli 2001

: US-amerikanische Wissenschaftler geben bekannt, erstmals menschliche Embryonen ausschließlich zur Stammzellengewinnung gezüchtet zu haben.

2. Juli 2001

: Die rot-grüne Koalition beschließt, vor einer Entscheidung über die Forschung an embryonalen Stammzellen die Voten des Ethikrats und der Bundestags-Enquete-Kommission abzuwarten. Die DFG verschiebt ihre Entscheidung über Brüstles Förderantrag.

5. Juli 2001

: SPD und Grüne stimmen im Bundestag gegen einen Antrag der CDU/CSU, den Import von embryonalen Stammzellen bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundestages zu verbieten. Die FDP will die Forschung mit embryonalen Stammzellen und die Anwendung der PID in Deutschland erlauben.

9. August 2001

: Nach einem Beschluss von Präsident George W. Bush werden in den USA öffentliche Gelder nur noch an Forschungsvorhaben vergeben, die mit Stammzellen arbeiten, die bereits vor dem 9. August 2001 existierten. Die öffentliche Förderung der Gewinnung von embryonalen Stammzellen ist damit für die Zukunft ausgeschlossen, gesetzliche Grenzen existieren jedoch nicht.

November 2001

: Die US-amerikanische Firma ACT behauptet, einen menschlichen Embryo geklont zu haben.

12. November 2001

: Die Enquete-Kommission des Bundestages zur Medizinethik spricht sich mehrheitlich gegen den Import von embryonalen Stammzellen aus.

29. November 2001

: Der Nationale Ethikrat spricht sich mehrheitlich für den kontrollierten Import von embryonalen Stammzellen aus.

30. Januar 2002

: Bundestagsdebatte und Entscheidung über den Import von embryonalen Stammzellen. (epd / wga)