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Georgiens Oppositionsbewegung Kmara zwei Jahre nach der Rosenrevolution

6. Oktober 2005

Die autoritären Regime in Osteuropa fürchten Farben und Revolutionen. So auch vor zwei Jahren in Georgien vor der so genannten Rosenrevolution. Die einstigen Aktivisten fragen sich heute: Hat sich das ganze gelohnt?

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Georgische Oppositions-Aktivisten im November 2003Bild: AP

In der früheren Sowjetrepublik Georgien im südlichen Kaukasus hatte der ehemalige Außenminister der UdSSR, Eduard Schewardnadse, das Land in den Abgrund gewirtschaftet. Korruption regierte das Land. Als die Parlamentswahlen 2003 offensichtlich manipuliert wurden, begann der Aufstand. Auf dessen Höhepunkt stürmte der damals 36jährige Micheil Saakaschwili mit einer Rose in der Hand ins Parlament. Wenige Wochen später wurde er von 96 Prozent der Wahlberechtigen zum Präsidenten gewählt.

Verflogene Euphorie

Mittlerweile ist in Georgien die Euphorie des Aufbruchs verflogen, Veränderungen zum Besseren lassen auf sich warten. Der Europarat kritisiert Menschenrechtsverletzungen und den autoritären Führungsstil des Präsidenten. Lediglich die Vereinigten Staaten stützen Saakaschwili nach wie vor. Denn die USA brauchen eine Erfolgsstory in der Region und heften sich den Wechsel in Georgien an ihr Revers.

Was ist aus Kmara geworden?

Tea Tutberidse war eine der Anführerinnen von Kmara, der Jugendbewegung in Georgien, die im Herbst 2003 die Massen auf die Straßen brachte. Für Kmara und die Revolution hatte die jetzt 24jährige Tutberidse ihr Jurastudium unterbrochen. Viele ihrer Mitstreiter wurden anschließend mit lukrativen Stellen belohnt. Sie wollen sich heute nicht mehr zu Kmara und der Zeit danach äußern. Tutberidse ging leer aus. Derzeit arbeitet sie an einem Menschenrechtsprojekt des amerikanischen Liberty-Institutes mit. Vor der Revolution war hier die Zentrale von Kmara untergebracht.

Kmara

war vielleicht in Georgien nicht langfristig erfolgreich, trotzdem versuchen sich auch ehemalige Kmara-Aktivisten im Revolutionsexport. Erst kürzlich wurden zwei junge Georgier in Minsk, der Hauptstadt Weißrusslands, verhaftet. Sie hatten verbotene Literatur dabei.

Lob aus Washington

"Für uns ist es wichtig, dass wir eine strategische Partnerschaft mit den USA haben. Denn unser Nachbar ist Russland, und Russland betrachtet uns nicht als benachbarten Staat, sondern als eine russische Provinz. Deshalb war auch der Besuch von Präsident Bush im Mai in Georgien sehr wichtig. So denke nicht nur ich", sagt Tutberidse. US-Präsident Bush nannte die Rosenrevolution bei seinem Besuch in Tiflis am 10. Mai "beispielhaft" und lobte die Reformbemühungen der neuen Regierung.

Kritik aus Straßburg

Der Europarat in Straßburg sieht die Entwicklungen in Georgien kritischer. Anlass bietet unter anderem ein Gerichtsurteil gegen den ehemaligen Energieminister Mirtskhulawa. Er soll sechs Millionen US-Dollar veruntreut haben und wurde von einem Bezirksgericht in Tiflis zu zehn Jahren Haft verurteilt. Menschenrechtler sprechen von einem politisch motivierten Fehlurteil. Auch Tea Tutberidse. Sie hat Mirtskhulawa im Gefängnis besucht und zahlreiche Gesetzesverstöße in dem Verfahren gegen ihn beobachtet. "Eigentlich habe ich jetzt mehr zu tun als früher. Ich mache jetzt das, was ich vor der Revolution gemacht habe, ich kümmere mich um Menschenrechte", sagt sie.

"Alles ist noch nicht gut"

Mit der heutigen Regierung ist Tutberidse nicht zufrieden: "Auch in der jetzigen Regierung sitzen Leute, die dort nicht hingehören", sagt sie. "Zu diesem Zeitpunkt geht es noch nicht anders. Aber das kann man korrigieren. Viele junge Leute sind ins Ausland ausgewandert, um dort zu studieren. Sie müssen zurückkommen" fügt sie hinzu. Abschließend meint aber Tutberidse : "Mir gefallen die Veränderungen, die bisher eingetreten sind. Besonders die Bildungsreform - obwohl es da noch immer viel zu tun gibt. Außerdem ist der Ruf der Polizei seit den Reformen besser geworden. Aber es muss noch vieles verändert werden, und deswegen traue ich mich noch nicht zu sagen, dass alles gut ist."

Gesine Dornblüth
DW-RADIO, 5.10.2005, Fokus Ost-Südost