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Gera hält Neonazis klein

Nicole Scherschun8. Juli 2012

Tausende Menschen sind gegen das Neonazi-Fest "Rock für Deutschland" in Gera auf die Straße gegangen. Mit dabei waren auch viele Landespolitiker - die plötzlich ebenso in der Kritik standen.

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Protest gegen die NPD-Veranstaltung "Rock für Deutschland" (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Meine Botschaft ist: keine Toleranz für die Feinde der Demokratie, für Intoleranz und Rassismus", richtete Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) ihren Appell an die Demonstranten. Mehr als 2000 Menschen protestierten nach Angaben der Polizei gegen das rechte Musikfestival "Rock für Deutschland" in Gera.

Das Fest, das von der NPD organisiert wurde, fand in diesem Jahr auf dem Bahnhofsvorplatz statt, wo sich etwa 750 Anhänger der rechtsextremen Szene versammelten. In den Vorjahren hatte es nach Berichten des ZDF noch jeweils mehrere Tausend Neonazi-Besucher gegeben.

Friedlich gegen aggressive Musik

Die Aktionen gegen das Rechtsrock-Konzert wurden von einem breiten Bündnis von Initiativen, Gewerkschaften, Kirchen und Parteien der Stadt und des Landes getragen. Ihr Ziel ist, den Neonazis und ihrer Propaganda von Anfang an keinen Raum mehr zu geben. Unter den Gegendemonstranten waren neben Lieberknecht auch zahlreiche weitere Landespolitiker wie die thüringische Sozialministerin Heike Taubert (SPD), Innenminister Jörg Geibert und Landtagspräsidentin Birgit Diezel (beide CDU).

Geiberts Teilnahme sorgte allerdings ebenfalls für Unmut. Dem CDU-Politiker werden die Ermittlungspannen bei der Aufdeckung der Mordserie der rechten Zwickauer Terrorzelle NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) angelastet. Einige Demonstranten kritisierten Geibert als nicht glaubwürdig beim Protest gegen rechts. Der Thüringer Verfassungsschutz-Chef Thomas Sippel hatte sich in der NSU-Affäre bereits in den vorläufigen Ruhestand verabschieden müssen.

Hilflose oder untätige Politik?

"Rock für Deutschland" gilt als eine der größten rechtsextremen Veranstaltungen in Thüringen und den östlichen Bundesländern. Das Fest fand bereits zum zehnten Mal statt. Kritiker warfen der Geraer Stadtverwaltung vor, sie hätte sich nicht energisch genug für ein Verbot des Festes eingesetzt. In diesem Jahr war die Veranstaltung von der Stadt von der "Spielwiese" am Stadtrand in die Geraer Innenstadt verlegt worden.

Seit der Aufdeckung der NSU-Mordserie im November 2011 stehen die deutschen Sicherheitsbehörden bundesweit unter massivem Druck und in der Kritik auf dem rechten Auge blind zu sein. Dem NSU werden zahlreiche Morde an Migranten und an einer Polizistin angelastet. Die Vorwürfe gegen die Behörden reichen von Ermittlungspannen, Fehlern in der Kommunikation bis hin zur Vertuschung von Aktenvernichtungen beim Verfassungsschutz. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages prüft nun die Vorwürfe.

Das rechte NSU-Trio (Foto: dapd)
Das mörderische Trio der NSU-TerrorzelleBild: dapd

Razzien in drei Bundesländern

Umso vehementer gehen die Behörden nun gegen rechts vor. Das Einrichten einer Neonazi-Datei oder der Ausbau des Terrorabwehrzentrums sind nur einige der Maßnahmen. Am Samstag ging die Polizei ebenfalls erneut gegen Rechtsextreme in drei Bundesländern vor. In Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg haben Beamte Wohnungen mutmaßlicher Neonazis durchsucht, wie Spiegel Online berichtete. Ihnen wird die Bildung einer bewaffneten Gruppe vorgeworfen. Bei den Durchsuchungen konnten die Beamten allerdings keine scharfen Waffen sicherstellen, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Spiegel Online bestätigt haben soll.

nis/SC (epd, mdr, spiegel)