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Gericht für die Welt

Heinrich Bergstresser/mik1. Juli 2002

Der Anfang ist gemacht: Ab Montag (1. Juli 2002) nimmt der Internationale Strafgerichtshof (ICC) Klagen entgegen. Die Richter beginnen ihre Arbeit erst in einem Jahr - schon jetzt kommt scharfer Gegenwind aus den USA.

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Logo des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag

Gleich am ersten Tag seines Bestehens streiten Diplomaten um den Internationalen Strafgerichtshof: Im UN-Sicherheitsrat legten die USA ihr Veto gegen die Verlängerung des allseits anerkannten Einsatzes in Bosnien-Herzegowina ein. Sie wollen damit ihr Missfallen über die neu gegründete Institution ausdrücken. Die Immunität amerikanischer Soldaten vor dem Strafgerichtshof sei bei UN-Einsätzen nicht gewährleistet.

Trotz des diplomatischen Eklats tritt das Gesetz zur Gründung des Internationalen Strafgerichtshofes am Montag (1. Juli 2002) in Kraft. Dann können bei dem Gericht mit Sitz in Den Haag Klagen eingereicht werden. Die rechtlichen Bedingungen dafür waren bereits am 11. April erfüllt: Die magische Zahl 60 war erreicht. Denn zumindest 60 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen mussten ihre Ratifizierungsurkunden hinterlegt haben, um dieser Institution Leben einzuhauchen. UN-Generalsekretär Kofi Annan sprach an diesem Tag von der Erfüllung eines Traumes, der am 17. Juli 1998 in Rom begann, als das Statut zur Errichtung des ICC verabschiedet wurde.

Gericht statt Tribunal

Die internationale Staatengemeinschaft war sich einig, dass Ad-hoc Tribunale, wie für Ex-Jugoslawien und Ruanda, Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht zufriedenstellend ahnden können. Deshalb sollte ein neues, ständiges und international anerkanntes Gericht als globale Rechtsinstanz Täter aburteilen, die sich dieser Verbrechen schuldig gemacht haben. Dabei gilt, dass der Strafgerichtshof nur dann tätig wird, wenn die Justiz eines Landes kein Strafverfahren einleiten will oder kann oder ein Mitgliedsstaat oder der UN-Sicherheitsrat einen Auftrag erteilt. Das heißt, dass sich das nationale Strafrecht an der internationalen Rechtssprechung zu orientieren hat.

Die Vereinigten Staaten versuchten nach anfänglicher Unterstützung des Vorhabens, die Einrichtung eines ständigen internationalen Gerichtshofes zu verhindern. Zwar unterschrieben die USA, wie auch Russland, den Gründungsvertrag. Doch zogen die Vereinigten Staaten im Mai ihre Unterschrift zurück. Ein einmaliger Fall in der Geschichte des Völkerrechts. Auch die Atomwaffenmächte China, Indien und Pakistan haben den Vertrag von Rom nicht unterschrieben.

Arbeitsaufnahme ab 2003

Seit April steigt die Zahl der Staaten, die den Vertrag ratifiziert haben. Nachdem auch Griechenland die Urkunde hinterlegt hat, haben alle EU-Staaten das völkerrechtliche Verfahren abgeschlossen. Im Januar 2003 sollen von der Ratsversammlung die vorgeschlagenen 18 Richter und der Ankläger gewählt werden, die dann im Februar in ihr Amt eingeführt werden sollen. Erst dann wird auch der Verwaltungschef der Behörde bestimmt. Nach bisheriger Planung soll das Gericht zur Jahresmitte 2003 voll funktionsfähig sein und seine eigentliche Arbeit aufnehmen.

Das Prozedere beim ICC soll nach außen hin transparent sein. Denn in der Vergangenheit waren für Tribunale auch wenig qualifizierte Richter gewählt und eingesetzt worden, wodurch die Autorität der Gerichte beschädigt wurde. Nun müssen die Kandidaten Juristen sein, die über Erfahrung im Straf- oder Völkerrecht verfügen und die Staatsbürgerschaft eines der Mitgliedsstaaten besitzen.

Nominierungen durch Mitgliedsstaaten

Nominierungen können nur aus den Mitgliedsstaaten kommen: entweder von Regierungen oder von Juristen, die beim Internationalen Schiedsgericht (Permanent Court of Arbitration) Recht sprechen. Die Richter werden dann in geheimer Wahl von der Ratsversammlung gewählt. Allerdings soll die Zusammensetzung des Gerichts die wichtigsten Rechtssysteme widerspiegeln. Auch bei Herkunftsregion und Geschlecht der Richter wird eine ausgeglichenes Verhältnis angestrebt.