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Gericht weitet Recht auf Waffenbesitz aus

29. Juni 2010

Triumph für die Waffenlobby in den USA: Der Supreme Court hat in einem Grundsatzurteil das Recht auf Waffenbesitz für Privatpersonen gestärkt. Er erklärte regionale Verbote wie etwa in Chicago für verfassungswidrig.

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Hand mit Revolver (Archivfoto: ap)
Täglich sterben in den USA etwa 80 Menschen durch eine SchusswaffeBild: AP

Der zweite Zusatz zur US-Verfassung schreibt vor: "Das Recht des Volkes auf den Besitz und das Tragen von Waffen darf nicht beeinträchtigt werden." Dieses Recht gelte in allen Staaten, Städten und Gemeinden des Landes, entschied das oberste US-Gericht am Montag (28.06.2010). Es befand eine Beschränkung für den Erwerb und Besitz von Waffen für ungültig, welche die Stadt Chicago verhängt hatte. Das Recht auf Waffenbesitz sei ein "zentraler Bestandteil" des Rechts auf Selbstverteidigung, begründete Richter Samuel Alito das Urteil. Die Entscheidung des neunköpfigen Richtergremiums fiel mit fünf zu vier Stimmen sehr knapp aus.

Kläger will sich gegen Verbrecher verteidigen

Otis McDonald vor dem Supreme Court (Archivfoto: ap)
Otis McDonald (r.) war einer der Kläger vor dem Supreme CourtBild: AP

In Chicago ist seit 28 Jahren der Besitz von Handfeuerwaffen verboten. Gegen dieses Gesetz, das zu den schärfsten im ganzen Land gehört und nun wahrscheinlich gekippt wird, hatten vier Bürger aus Chicago, zwei Lobby-Gruppen und die Nationale Schusswaffen-Vereinigung (NRA) geklagt.

Im Kern ging es bei dem Verfahren vor dem Supreme Court um die Frage, ob US-Bundesstaaten oder örtlichen Behörden in Städten und Gemeinden überhaupt das Recht zusteht, Einschränkungen für den Waffenbesitz zu erlassen. So sah einer der Kläger, Otis McDonald, durch das weitgehende Waffenverbot in Chicago seine Grundrechte verletzt. Er machte geltend, dass er eine Schusswaffe benötige, um sich "gegen Drogendealer und Verbrecherbanden" schützen zu können.

Bereits im Jahr 2008 hatte der Supreme Court einen Waffenbann in der Hauptstadt Washington für verfassungswidrig erklärt und entschieden, dass den Einwohnern das Recht auf Waffenbesitz zur Selbstverteidigung zustehe. Dieses Urteil bezog sich aber nur auf die Bundesgesetzgebung.

Gericht: Ausnahmen vom Grundrecht sind möglich

In seinem neuen Urteil stellte das Oberste Gericht allerdings klar, dass die Anerkennung des Rechts auf Waffenbesitz auf allen Verwaltungsebenen nicht bedeute, dass Schusswaffen überall uneingeschränkt getragen werden dürfen. Als Beispiel für legitime Beschränkungen nannten die Richter etwa das Waffenverbot an Schulen.

Die NRA sprach nach dem Urteil von einem "großen Tag in der Geschichte der USA" und kündigte an, sie werde erst ruhen, wenn jeder US-Bürger sein Recht auf Kauf und Besitz von Waffen zur Selbstverteidigung ausüben könne. Die Anti-Waffen-Lobbygruppe Violence Policy Center beklagte dagegen, dass "Menschen durch dieses Urteil sterben" würden. Die Entscheidung sei "ein Sieg für die Waffenlobby und die Waffenindustrie".

Schätzungen zufolge befinden sich in den USA 200 Millionen Schusswaffen im Umlauf. Im Schnitt sterben nach Regierungsdaten täglich etwa achtzig Menschen durch eine Schusswaffe.

Autor: Martin Schrader (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Herbert Peckmann