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Portrait Pedro Geromel

20. September 2011

Für Pedro Geromel vom 1. FC Köln begann die Bundesligasaison turbulent: Erst "beerbte" er Lukas Podolski als Kapitän. Dann verschuldete er drei Elfmeter. Und nun verletzte er sich beim Derbysieg in Leverkusen schwer.

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Kölns Kapitän Pedro Geromel gibt lautstark Anweisungen. (Foto: Rolf Vennenbernd dpa/lnw)
Bild: picture alliance/dpa

"Fußballgott" rufen ihn die Fans des 1. FC Köln bei der Verkündung der Mannschaftsaufstellung im Stadion. Für sie ist er einer wie Jürgen Kohler, einer der besten Verteidiger der Kölner Vereinsgeschichte. Geromel kam vor drei Jahren, weil Sportstudenten ihn in Portugal "gescoutet" hatten. In Deutschland kannte ihn niemand, nicht einmal die sonst auf Südamerikaner spezialisierten Leverkusener hatten ihn auf der Liste. Und so kam Geromel als Schnäppchen nach Köln. Der wertvollste Transfer seit Jahren.

In jedem Verein Spielführer

Seit dieser Saison beförderte ihn der neue Kölner Trainer Ståle Solbakken sogar zum Kapitän. "Er ist taktisch sehr stark und hat den Respekt der anderen Spieler", begründete Solbakken seine unpopuläre Maßnahme, denn er nahm keinem anderen als Publikumsliebling Lukas Podolski die für ihn heiß geliebte Binde. Die Verantwortung solle auf mehrere Schultern verteilt werden und Geromel bekomme sein volles Vertrauen. "Es ist für mich klar, dass er einen sehr guten Job machen wird." Auch bei seinen bisherigen Profistationen in Portugal wurde Pedro Geromel nach einiger Zeit zum Spielführer bestimmt.

Die Kölner Lukas Podolski und Pedro Geromel freuen sich. (Foto: Achim Scheidemann dpa/lnw)
Der alte und der neue Kapitän: Pedro Geromel (l.) "beerbt" Lukas Podolski (r.)Bild: picture alliance/dpa

Für den 26-jährigen Brasilianer ist es der bisherige Höhepunkt seiner Karriere. "Das macht mich sehr stolz, ich freue mich", berichtete er den Journalisten in gebrochenem Deutsch. Noch fallen ihm Interviews schwer, er wirkt unsicher. Dabei ist Solbakkens Wahl aufgrund der statistischen Werte durchaus nachzuvollziehen: Der strategisch geschickte Abwehrchef war in der vergangenen Saison mit 64 Prozent gewonnenen Zweikämpfen der beste Kölner. In dieser Saison übertraf er diesen Wert in den ersten fünf Spielen noch um acht Prozentpunkte. Vier Treffer nach Standardsituationen hat er in der Bundesliga erzielt, aus dem Spiel heraus rückt er jedoch kaum über die Mittellinie vor.

Mit 17 den Kontinent gewechselt

Mit 17 verließ Geromel seine Heimatstadt São Paulo und wechselte aus der Jugend des brasilianischen Vereins SE Palmeiras nach Portugal: Zunächst zu GD Chaves, später zu Vitória Guimarães, wo er zum besten Spieler der Liga gewählt wurde. Dennoch: Die Umstellung fiel ihm schwer: Das Wetter war unfreundlich, die Städte hatten nicht viel zu bieten und seine Unterkunft war deprimierend klein. Brasilianische TV-Serien trösteten über das Heimweh hinweg. "Er hat eine schwere Zeit der Eingewöhnung durchgemacht, aber wir haben immer geglaubt, dass es das Beste wäre, wenn er dort bleibt und weitermacht", erinnert sich Vater Vilmar. "Und jetzt hat sich die Anstrengung ausgezahlt.“

Weihnachtsbesuch Pedro Geromel bei seiner brasilianischen Familie in Sao Paulo. (Foto: DW/Olivia Fritz)
Pedro Geromel im Kreise seiner FamilieBild: DW/Olivia Fritz

In Köln fühlte er sich von Beginn an wohl. "Ich finde die Stadt superschön, supersympathisch", schwärmt Geromel und gibt zu: "Ich habe immer gedacht, dass die Deutschen viel kälter wären. Aber als ich dort ankam, war es gar nicht so. Die Leute waren supersympathisch." Er sei sehr gut empfangen worden, das habe ihm geholfen, sich einzuleben. Die Familie war auch schon oft da, Mutter Eliana freut sich über jeden Besuch. "Ich vermisse ihn immer sehr, aber es macht mich sehr froh, zu wissen, dass er an einem Ort ist, wo er sehr gemocht wird. Wo ihn die Leute sehr schätzen und sehr mögen." Das lindere etwas den Trennungsschmerz.

Geromel ist auch Italiener

Pedro Geromel besitzt wegen seines italienischen Großvaters auch einen europäischen Pass und gilt als EU-Ausländer. Das macht ihn auch für andere Vereine attraktiv, da nicht mehr als drei nicht-europäische Spieler eingesetzt werden dürfen. Und die italienischen Gene machen sich in der Defensivarbeit auch nicht schlecht. "Vielleicht habe ich dieses hoch entwickelte taktische Abwehrverhalten der Italiener auch ein bisschen geerbt", schmunzelt der 1,90m große Abwehrspezialist.

Ein weiterer Grund für seine Beförderung im Team könnte sein, dass viele Vereine ihre Fühler nach Geromel ausgestreckt haben und er vielleicht mit einem Wechsel kokettiert hat. Nach vielen Umstellungen in der Kölner Defensive hat der Verein ihm nun einen alten Bekannten zur Seite gestellt: Innenverteidiger Henrique Sereno kam vom Ex-Verein Guimarães.

Seit er FC-Kapitän ist, läuft es nicht mehr rund

Noch bleibt das Zusammenspiel in der Kölner Abwehr jedoch stark verbesserungswürdig: Ausgerechnet Geromel verursachte in den ersten fünf Saisonspielen drei Elfmeter, davon zwei im Spiel gegen Nürnberg. "Ich habe zwei Elfmeter verursacht, das kann ich nicht machen", nahm Geromel sofort die Schuld auf sich. In den bis dahin absolvierten 96 Bundesligaspielen verschuldete der dunkelhaarige Rechtsfuß damit insgesamt neun Strafstöße – das ist der Höchstwert aller aktiven Bundesligaspieler. Dabei ist Geromel einer der fairsten Spieler überhaupt: Nur vier Foulspiele hat er bis zum 5. Spieltag begangen, Pech war, dass drei davon im Strafraum passierten.

Stale Solbakken gibt beim Training am Geißbockheim in Köln seinem neuen Kapitän Pedro Geromel (l) Anweisungen. (Foto: Rolf Vennenbernd dpa/lnw)
Der Trainer und sein neuer KapitänBild: picture alliance/dpa

Wieder muss er sich durchbeißen. Schon damals in Portugal hatte ihn sein Vater vor die Wahl gestellt: Entweder Fußball dort oder die Rückkehr nach Brasilien, dann sei aber Schluss mit Fußball. Pedro hielt durch. Und auch das Elfmetertrauma vom 5. Spieltag schien er schon im nächsten Spiel gegen Bayer Leverkusen weggesteckt zu haben. Doch der historische 4:1-Derbysieg – der erste Kölner Erfolg in Leverkusen seit über 15 Jahren – kam Geromel teuer zu stehen: In der 86. Minute zog er sich einen Riss im Außenmeniskus zu. Wann er wieder spielen kann, ist ungewiss. Insgesamt kein glücklicher Saisonbeginn für den frisch gebackenen Kölner Kapitän.

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Sarah Faupel