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Gerster muss gehen

26. Januar 2004

Die Bundesregierung hat dem Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Florian Gerster, das Vertrauen entzogen. Gerster werde entlassen, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement am Samstag (24.1.) in Düsseldorf.

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Freigesetzt: <br>BA-Chef Florian GersterBild: AP


Zuvor hatte schon der Verwaltungsrat der Bundesagentur dem Behördenchef das Misstrauen ausgesprochen. Die Vorsitzende des Gremiums, die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer, teilte nach einer Sondersitzung am Samstag (24.1.) in Nürnberg mit, dass die Entscheidung gegen Gerster mit 20 zu einer Stimme gefallen sei. Gerster war wegen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Beraterverträgen in die Schlagzeilen geraten.

Für die Nachfolge muss der Verwaltungsrat binnen 30 Tagen einen Vorschlag unterbreiten. Darüber solle in aller Sorgfalt beraten werden, sagte Engelen-Kefer. Zur Begründung des Vertrauensentzuges sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Gerster habe "durch eigenes Handeln und Verhalten" den Reformprozess der Bundesagentur beeinträchtigt. Die Fortsetzung des Reformprozesses sei aber nur dann möglich, wenn der Vorsitzende das Vertrauen des Verwaltungsrates besitze.

"Reformprozess muss fortgesetzt werden"

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement begründete seine Entscheidung ebenfalls mit dem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen dem Verwaltungsrat der BA und Gerster. Der Minister forderte die Beteiligten auf, sich nach der Unruhe der vergangenen Wochen nun wieder auf die Arbeitsmarktreformen zu konzentrieren. Clement, der gerade vom Wirtschaftstreffen im schweizerischen Davos zurückgekehrt war, sagte, dort sei nochmals deutlich geworden, dass die ganze Welt auf die Reformen in Deutschland warte.

Gerster war wegen nicht korrekt ausgeschriebener Beraterverträge in die Kritik geraten. Eine interne Revision habe ergeben, dass von 49 Verträgen 27 in nichtöffentlicher Ausschreibung vergeben worden seien, sagte Peter Clever, der für die Arbeitgeber im Präsidium des Verwaltungsrates sitzt. Davon seien 13 überhaupt nicht zu beanstanden. Bei den übrigen 14 gebe es Beanstandungen, allerdings in sehr unterschiedlichem Umfang. In zwei Fällen seien gravierende Verstöße gegen das Vergaberecht festgestellt worden.

Ermittlungsverfahren gegen Gerster?

Gegen Gerster läuft nach Presseberichten seit Anfang Dezember 2003 auch ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen der Veruntreuung von Geld im Zusammenhang mit der Vergabe von Beraterverträgen. Ausgangspunkt der Ermittlungen seien 25 Strafanzeigen gegen den Chef der Bundesagentur, berichtete das Nachrichten-Magazin "Spiegel". "Es liegen klare Verdachtsmomente vor, ohne die wir das Ermittlungsverfahren gar nicht erst eröffnet hätten", wird der Sprecher der Nürnberger Justizbehörde, Bernhard Wankel, zitiert.

Bereits seit mehreren Tagen wird über einen Nachfolger Gersters spekuliert. Im Gespräch sind Medieninformationen zufolge der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Alfred Tacke, sowie Gersters BA-Vorstandskollege Frank-Jürgen Weise. Auch die Namen des Telekom-Vorstandsmitglieds Heinz Klinkhammer und des Leiters der Berliner BA-Repräsentanz, Wilhelm Schickler, wurden genannt. (wga)