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Geschlossen gegen die Kidnapper

31. August 2004

In Frankreich hat sich eine breite Front gebildet gegen die Versuche von Terroristen im Irak, Einfluss zu nehmen auf das Kopftuch-Verbot in französischen Schulen. Unterstützung kommt auch aus der arabischen Welt.

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Dalil Boubakeur, Präsident des Muslimrates, auf dem Weg zur KrisensitzungBild: AP

Erbittert hatte Frankreich über die Einführung des Kopftuchverbots an Schulen gestritten: Viele Moslems hatten sich vehement gegen dieses Verbot gewehrt, das mit Beginn des neuen Schuljahres am Donnerstag (2.9.) in Kraft treten soll. Wie am Sonnabend (28.8.) bekannt wurde, hatten die Geiselnehmer zwei französische Journalisten im Irak verschleppt und drohen mit deren Ermordung, falls die Regierung in Paris das Kopftuch-Verbot nicht wieder aufhebt. Die Kidnapper setzten dazu ein Ultimatum bis Montagabend, das inzwischen um 24 Stunden verlängert wurde. Die französische Regierung hat ein Einlenken bereits abgelehnt.

Nicht verhandeln

Vertreter der rund fünf Millionen Moslems in Frankreich schlossen jede Verbindung zu den Extremisten aus. "Frankreich verdient keine Strafe, sondern ein Dankeschön für seine Irak-Politik. Mit Leuten wie diesen darf Frankreich nicht verhandeln", sagten französische Muslime.

Vertreter der französischen Regierung trafen sich mit führenden Vertretern der muslimischen Gemeinde. Sie berieten über die passende französische Reaktion auf die Verschleppung der Reporter. Der Präsident des Muslimrates, Dali Boubakeur, Rektor der Moschee von Paris, aber auch Vertreter der radikalen Organisation der Islamisten verurteilten die Geiselnahme scharf. Sie verlangten die Freilassung der beiden Journalisten. Die Terroristen mischten sich mit ihrer Erpresserdrohung in Frankreichs innere Angelegenheiten ein, dies könne nicht geduldet werden.

Warnung vor Radikalisierung

Fouad Alaoui, der Vorsitzende des Verbands islamischer Organisationen in Frankreich (UOIF), empfahl moslemischen Schülerinnen, sich nicht offen über das Verbot hinwegzusetzen. "Diese Episode sollte nicht zu einer weiteren Radikalisierung der Situation in Frankreich führen", sagte er dem Radiosender RTL. Der Streit um das Verbot sei eine rein französische Angelegenheit. Jegliche Einmischung von außen lehne er ab.

Vor der Geiselnahme hatte Alaoui noch zur Missachtung des Kopftuchverbotes aufgerufen. Er sagte, das im März 2004 beschlossene Gesetz gelte nicht nur für Moslems, sondern für alle französischen Bürger. Die Debatte über die Umsetzung des Gesetzes solle bis zur Freilassung der Reporter verschoben werden. "Wir sagen den Schülern, dass sie das Gesetz respektieren müssen, wenn die Schule wieder beginnt, dass sie auffallende Glaubenssymbole vermeiden müssen und dass das Gesetz keinesfalls systematisch das Tragen aller Kopfbedeckungen verbietet", so Alaoui.

Lhaj Thami Breze, der Präsident der UOIF sagte der Tageszeitung "Le Figaro": "Diese Entführer sind Feinde des Islam. Ihr völlig unverantwortliches Verhalten schadet der gesamten muslimischen Gemeinde. Alle Muslime Frankreichs sind jetzt zu Geiseln geworden."

Ungeahnte Unterstützung aus der arabischen Welt

Frankreichs Außenminister Michel Barnier bemühte sich auf einer Reise in den Nahen Osten um eine Freilassung der Entführten. Zu den Gruppen, die gegen die Entführung protestierten, zählen auch Islamisten-Organisationen, die in den vergangenen Monaten Demonstrationen gegen das Kopftuchverbot in französischen Schulen organisiert hatten.

Die in Ägypten verbotene Muslimbruderschaft erklärte, die beiden Journalisten hätten nichts mit dem Kopftuch-Gesetz zu tun. Eine Entführung zur Durchsetzung einer Gesetzesänderung in einem anderen Land sei nach islamischem Recht nicht legitim. Zuvor hatten sich auch Islamisten-Gruppen in Jordanien und Libanon für die Freilassung der Geiseln ausgesprochen.

Der irakische Scheich Musar el Duleimi vom einflussreichen Stamm der Duleim sagte der französischen Tageszeitung "Le Monde", er habe von der "Islamischen Armee Iraks" eine "grundsätzliche Zustimmung" erhalten, die beiden Korrespondenten von "Le Figaro" und dem französischen Auslandssender RFI nicht zu töten. (ern/arn)