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Gespaltener Riesenzwerg

Gerda Meuer16. April 2003

Symbolträchtig ist der Ort allemal: Athen bietet die Kulisse zur EU-Osterweiterung. Aber keiner scheint das Symbol so recht ernst zu nehmen: Europa ist politisch zerrissener als je zuvor, sagt Gerda Meuer.

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Die Erweiterung der Europäischen Union ist ohne Zweifel ein historisches Ereignis. Doch die Frage ist: Wird sie auch wahrgenommen? Seit dem Gipfel von Nizza vor gut zwei Jahren, der die alte EU fit machen sollte für den Zuwachs aus Ost- und Südosteuropa, hatte man in etlichen Etappen auf den "Tag X" hingearbeitet, an dem die neuen zu vollen Mitgliedern der Gemeinschaft werden sollten. Man hat sich dabei gestritten um die Finanzierung, hat den Kandidaten Unglaubliches an Anpassungsleistung abverlangt und - im Vergleich zu früheren Erweiterungsrunden - ein geradezu rasantes Tempo vorgelegt.

Alles klar - und nun?!

Die Erweiterung der Europäischen Union sollte nicht nur wirtschaftlich dem inzwischen in Verruf geratenen "alten Europa" neue Dynamik verleihen, sondern vor allem ein Garant für Frieden auf dem Kontinent werden. Dafür machten alte und neue EU-Staaten gewaltige Zugeständnisse, die bis an die Grenzen des Möglichen gingen. Und jetzt, da es fast soweit ist, und an einem symbolträchtigen Ort wie der Akropolis in Athen die Beitrittsverträge unterzeichnet werden - da hat man das Gefühl, niemand interessiert sich so richtig für dieses im wahrsten Sinne des Wortes historische Ereignis.

Alt gegen Neu

Die alte Europäische Union präsentiert sich seit Monaten uneins wie noch nie: Der Streit um die richtige oder falsche Position im Irak-Krieg hat alle gemeinschaftlichen außenpolitischen Anstrengungen innerhalb kürzester Zeit Makulatur werden lassen. Und die Neuen? Sie sind schon mitten drin in der Auseiandersetzung, weil sie Position für das Land bezogen haben, dem sie vieles verdanken, dass ihnen gegen den Kommunismus Schutz gab. Die pro-amerikanische Orientierung vieler neuer EU-Staaten hat wiederum einige der alten zutiefst erzürnt und auch zu öffentlichen Eklats geführt.

Dazwischen macht im Moment jeder in Europa, was er will: Die einen planen einen Mini-Gipfel zum Thema Verteidigung, die anderen mühen sich um die Reparatur des transatlantischen Verhältnisses, dritte wagen den außenpolitischen Flirt mit Moskau und die Gruppe kleiner EU-Staaten probt in separaten Gipfeln den Aufstand gegen die Macht der Großen.

Wo bleibt der Einfluss?

Viel Hoffnung, dass die Konfliktlage mit künftig 25 Mitgliedern besser wird als mit 15, hat niemand. Und wohl auch deshalb ist dieses feierliche weitere Etappe der EU-Erweiterung am Fuße der Akropolis zwar historisch. Aber zu Herzen geht sie nicht mehr. Denn mit dem Verstand weiß jeder: Diese neue große Europäische Union mit 450 Millionen Menschen wird zwar wirtschaftlich in der Welt mithalten können. Aber politisch wird sie wohl weiterhin so zwergenhaft bleiben wie bisher.