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Gespannte Atmosphäre zwischen Regierung und Opposition

8. März 2002

- Letzte Debatte des ungarischen Parlaments vor den Wahlen

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Budapest, 6.3.2002, PESTER LLOYD, deutsch

In der vergangenen Woche fand im Parlament die letzte Plenarsitzung in dieser Legislaturperiode statt, die nur einige Stunden dauerte. Sie bot ein trauriges Bild der Zeiten, einen Eindruck der verbitterten, bis zum äußersten gespannten Atmosphäre zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien.

Ausdruck dafür war, dass es Staatspräsident Ferenc Mádl für nötig befand, zum ersten Mal zu den Abgeordneten zu sprechen. Mádls früherer Versuch, die Parteivorsitzenden zu einem gemäßigteren Ton aufzufordern und nationale Eintracht in den Schlüsselfragen herbeizuführen, war gescheitert. Das von der konservativen Seite nominierte Staatsoberhaupt rief nun im Parlament erneut dazu auf, im Wahlkampf die menschliche Würde zu wahren, die nationalen Interessen zu berücksichtigen und in den wichtigsten Fragen, wie der europäischen Integration oder der Auslandsungarn, einen Konsens zu suchen. Gerade eine Mäßigung könne mehr Bürger dazu bewegen, an den Aprilwahlen teilzunehmen.

Auch diese feierliche Mahnung zeigte faktisch keine Wirkung, zumal die letzte Plenarsitzung ohnehin nur unter Schwierigkeiten einberufen werden konnte. Nachdem die Sozialisten kurz zuvor im Plenum von führenden Fidesz (Bund Junger Demokraten - MD)-Politikern (nach ihrer Meinung auch von Viktor Orbán) als "Landesverräter" beschimpft worden waren, wollten sie an der Arbeit des Parlaments eigentlich nicht mehr teilnehmen. Da jedoch der Fidesz die Idee ventiliert hatte, in deren Abwesenheit einige zuvor von der Opposition zurückgewiesene Gesetze anzunehmen, erschienen die MSZP (Ungarische Sozialistische Partei - MD)-Abgeordneten dann doch zur Sitzung. Erwartungsgemäß waren sie jedoch nicht bereit, der Novellierung des Mediengesetzes zuzustimmen. Dieses wäre im Interesse der Anpassung an die EU-Rechtsordnung zwar dringend nötig, die Opposition begründet ihre Ablehnung jedoch mit dem Protest gegen die Taktik der Regierung, die Teilnahme der Opposition an der Arbeit der Kuratorien für die öffentlich-rechtlichen Medien seit nunmehr vier Jahren zu vereiteln.

Die Abgeordneten des liberalen SZDSZ (Bund Freier Demokraten - MD) verließen nach kurzer Zeit demonstrativ den Saal, während die Sozialisten und die Bürgerlichen einander noch ein letztes Mal heftige Wortgefechte lieferten. Auch Regierungschef Orbán ergriff das Wort, um die Kritik der Opposition an seiner Außenpolitik, an der (durch seine Äußerungen verursachten) Krise in der Visegrád-Gruppe und bezüglich der Probleme um das Gesetz über die Auslandsungarn zurückzuweisen. Er sagte, ein jeder, der Ungarn als ein unfreies, undemokratisches, nicht friedliches Land darstelle (wie es die Opposition seiner Meinung nach tut), nehme eine schwere Verantwortung auf sich. Orbán wiederholte seine Formulierung, dass die Weltanschauung seiner Regierung "weder konservativ, noch liberal, sondern vielmehr ungarisch" sei. (fp)