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Gesundheitsdaten im Angebot

18. August 2013

Der nächste Datenskandal? Nach Recherchen des Magazins "Der Spiegel" werden in Deutschland Millionen Ärzte und Patienten ausgespäht.

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Logo an einer Apotheke in Nordrhein-Westfalen (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/Roland Weihrauch

Das süddeutsche Apothekenrechenzentrum VSA in München verkaufe Patientendaten in unzureichend verschlüsselter Form an Marktforschungsunternehmen wie den US-Konzern IMS Health, berichtet das Magazin aus Hamburg unter Hinweis auf vertrauliche Dokumente. Diese belegten, dass sich der 64-stellige Schutzcode des Rechenzentrums leicht auf die tatsächliche Versichertennummer zurückrechnen ließe. Zusätzlich würden auch Alter und Geschlecht der Patienten an die Marktforscher weitergegeben.

Handel mit Patientendaten

Pro Rezeptdatensatz von deutschen Versicherten zahle der IMS-Konzern teils unter 1,5 Cent an Apothekenrechenzentren, heißt es weiter in dem "Spiegel"-Bericht. Nach Informationen der Zeitschrift verfolgt IMS Health die Krankheiten von über 300 Millionen Patienten - darunter auch "42 Millionen verschiedene gesetzlich Versicherte" in Deutschland. "Viele Patientenkarrieren sind zurück bis 1992 verfolgbar", zitiert das Magazin aus einem internen Papier. Dem "Spiegel" liegt nach eigenen Angaben ein Angebot des in mehr als hundert Ländern aktiven IMS-Konzerns an den französischen Pharma-Hersteller Sanofi-Aventis vom April 2012 vor. Darin biete IMS die Informationen aus Insulinrezepten für 86.400 Euro an - "patientenindividuell" und mit "zwölf Monats-Updates". Dank der schlecht verschlüsselten Daten könnten Pharmafirmen möglicherweise ermitteln, welcher Arzt welches Medikament verschrieben hat, schreibt der "Spiegel".

Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, kritisierte, der Handel mit Rezeptinformationen sei "«einer der größten Datenskandale der Nachkriegszeit". "Es wäre traurig, wenn die Dienstleister des Vertrauensberufs Apotheker erst durch Gerichtsprozesse zur Vertraulichkeit zu veranlassen wären."

Der IMS-Konzern wies die Kritik hingegen zurück. "IMS Health erhält von Apothekenrechenzentren keine personenbezogenen Daten und benötigt diese auch nicht", teilte das Unternehmen mit. "Anonymisierte Daten werden keinen Ärzten, Apothekern oder Patienten zugeordnet", betonte der Geschäftsführer von IMS Health Deutschland, Frank Wartenberg. Außerdem habe die bayerische Datenschutzbehörde das Verschlüsselungsverfahren geprüft.

wl/gmf (dpa, afp)