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Geteilte Ansichten

17. Februar 2005

Serbiens Präsident Boris Tadic hat das Kosovo besucht. Unter den Kosovo-Albanern rief dieser Besuch überwiegend negative Reaktionen hervor. So wurde vor dem Sitz der UN-Verwaltung in Pristina ein Protest organisiert.

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Die Kosovo-Albaner verfolgen Tadic' Besuch mit gemischten GefühlenBild: AP


Der zweitägige Kosovo-Besuch des serbischen Präsidenten, Boris Tadic, hat zahlreiche negative Reaktionen bei den Albanern hervorgerufen. So heißt es, dass seine Anwesenheit im Kosovo absolut inakzeptabel sei oder auch dass Tadics Besuch eine Niederlage für die Politik der Kosovo-Albaner darstelle. Vertreter der Übergangsinstitutionen schwiegen sich größtenteils über Tadics Besuch aus. Außer Premier Ramush Haradinaj, der im Vorfeld vom Besuch des serbischen Präsidenten seine Hoffnung äußerte, dass dieser Besuch den Beginn einer konstruktiven Rolle Belgrads zu Kosovo darstelle.

„Keine Verbesserung der serbischen Position“

Der Pressesprecher der Kosovo-Regierung, Arben Qirezi, sagte, die Regierung erwarte dagegen von Präsident Tadic, dass er die Serben zur Mitarbeit in den Kosovo-Institutionen aufrufe und nicht durch seine Erklärungen den künftigen Status des Kosovo präjudiziere. „Er hat bereits mehrfach in Ansprachen an die serbische Bevölkerung den künftigen Status des Kosovo präjudiziert, was allerdings nicht zu einer Verbesserung ihrer Position beiträgt, sondern der serbischen Innenpolitik dient. Wir erwarten, dass dieses Jahr das Verfahren für die Definition des endgültigen Status des Kosovo beginnt, das von den kosovarischen Übergangsinstitutionen regiert und der UNMIK und verwaltet wird. Das Ergebnis dieses Prozesses wird so ausfallen, dass das Kosovo niemals mehr ein Teil Serbiens sein wird,“ so der Pressesprecher von Premier Haradinaj.

Punkte für Tadic?

Enver Hasani, Professor für internationales Recht an der Universität von Pristina, sagte gegenüber DW-RADIO, der Kosovo-Besuch Tadics stelle eine Niederlage der Politik der Kosovo-Albaner dar. Der Besuch als solcher kennzeichne den Auftakt einer erneuten Homogenisierung auf ethnischer Grundlage sowohl der Kosovo-Albaner als auch der Kosovo-Serben in den kommenden Tagen. Der Kosovo-Besuch des serbischen Präsidenten sei nicht zu einem optimalen Zeitpunkt gewählt worden. Ferner habe dieser Besuch nicht zum Aufbau des Zusammenlebens und der interethnischen Aussöhnung beigetragen, er sei vielmehr abträglich dafür gewesen. „Der Besuch Tadics scheint auf den ersten Blick dem Wohl der Serben zu dienen, als ob er gekommen wäre, um sie zu ermutigen. Nach meiner tiefen Überzeugung ist er ins Kosovo gekommen, um sein Image in Serbien zu verbessern, beziehungsweise der Besuch steht unter dem absoluten Diktat der innenpolitischen Dynamik der serbischen Gesellschaft in Serbien und somit hat Tadic gegenüber seinen Gegnern stark gepunktet,“ so Hasani.

Vieles spricht gegen einen Besuch

Für die Aktivisten der Nicht-Regierungsorganisation KAN, Kosovo-Aktionsnetz, ist der Kosovo-Besuch des Präsidenten Serbiens absolut inakzeptabel. Daher organisierten sie am Sonntag (13.2.) während des Treffens von Boris Tadic mit UNMIK-Chef Søren Jessen-Petersen Proteste vor dem UNMIK-Sitz in Pristina. Albin Kurti, Vorsitzender von KAN und ehemaliger Studentenführer, der auch zwei Jahre in serbischer Haft verbrachte, sagte, für die Proteste habe es mehrere Gründe gegeben: „Erstens verübte Serbien in der Vergangenheit Kriegsverbrechen und ist heute ein Reservat für Kriegsverbrecher. Zweitens ist Serbien für den Verbleib von 3.000 vermissten Bürgern des Kosovo verantwortlich. Ferner hält es noch 700 Leichname ermordeter Geiseln fest. Außerdem ist Serbien verantwortlich für die Ermordung von 12.000 Menschen, für die Vertreibung einer Million Menschen, für die Vergewaltigung von mehreren tausend Frauen und die Zerstörung von 12.000 Häusern. Schließlich gehört eine Teilung, wenn nicht sogar Wiederbesetzung des Kosovo heute zum Plan Serbiens. Das heißt, sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft der Kosovaren sprechen gegen diesen Besuch.“

Abschließend eine Anmerkung: Zahlreiche Journalisten aus dem Kosovo konnten dieses wichtige Ereignis nicht angemessen verfolgen. Die UN-Verwaltung hatte die Sicherheitsmaßnahmen auf ungeahntes Niveau erhöht. Schließlich handelte es sich um den ersten Besuch eines serbischen Präsidenten im Kosovo seit 1999, also seit das Gebiet unter UN-Verwaltung steht.

Zulfija Jakupi, Pristina

DW-RADIO/Serbisch, 14.2.2005, Fokus Ost-Südost