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Gewagter Einsatz: Mission in Somalia

Andreas Leixnering14. September 2006

Für den Einsatz im Sudan ist kein Geld mehr da. Dennoch will die Afrikanische Union jetzt Soldaten nach Somalia schicken. Für die Islamisten dort hieße das Krieg.

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Mogadischu: heute eine Ruine, früher Hauptstadt SomaliasBild: AP
IGAD Logo
Soll den Einsatz führen: die afrikanische Intergovermental Development Angency (IGAD)

Der Sicherheitsrat der Afrikanischen Union (AU) hat am Mittwoch (13.9.2006) grünes Licht gegeben: für eine Stationierung von Truppen im krisengeplagten Somalia. Die Soldaten soll die Zwischenstaatliche Behörde für Entwicklung (IGAD) stellen. Die 1996 gegründete, regionale Organisation mit Sitz in Dschibuti setzt sich für Friedensfördernde Maßnahmen und Krisenprävention ihrer Mitgliedsstaaten ein: Äthiopien, Dschibuti, Eritrea, Kenia, Sudan, Somalia und Uganda. Bereits Mitte August hatte die IGAD beschlossen, erste Soldaten zur Unterstützung der somalischen Übergangsregierung bis September zu entsenden. Laut Afrikanischer Union ist der Einsatz allerdings nur mit finanzieller Hilfe durch die EU und anderer Staaten zu bewältigen. Veranschlagt wird ein Budget von 279 Millionen Euro.

Eine Regierung ohne Macht

Bisher unterstützte die somalische Übergangsregierung den Vorstoß der IGAD. Kein Wunder, waren es doch deren Verhandlungen, die 2004 zur Einsetzung der Behelfs-Regierung führten. Weil deren Macht gerade mal bis zur Stadtgrenze des Regierungssitzes Baidoa reicht und sonst Chaos und Anarchie herrschen, kann Präsident Abdullahi Yusuf eine Unterstützung von außen mehr als gut gebrauchen.

Islamisten: aggressiver Akt der Einmischung

Unruhen in Somalia
UIC-Anhänger verbrennen eine äthiopische FlaggeBild: picture-alliance/ dpa

Seit Juni 2006 hat zudem die Union der islamischen Gerichte (UIC) die Herrschaft über die zerfallene Hauptstadt Mogadischu und weite Gebiete im Süden des Landes übernommen. Die lehnt eine Stationierung landesfremder Soldaten strikt ab. "Sollte die AU gewaltsam Truppen stationieren, werden wir sie mit Gewalt wieder entfernen", sagte ihr Sprecher Abdirahim Ali Mudey am Donnerstag (14.09.2006). "Wir werden jedes Land, das Truppen stellt, als Feind betrachten. Ich werde persönlich mein Büro verlassen, meine Waffe ergreifen und anderen somalischen Patrioten im Kampf beistehen."

Die Islamisten wittern hinter der Befriedungsmission den christlichen Erzfeind Äthiopien, der die Übergangsregierung unterstützt. Sie warnen gar vor einem regionalen Krieg. "Die Äthiopier nutzen ihren Vorteil, Sitz der Afrikanischen Union zu sein, um ihren Plan voranzutreiben, Somalia zu erobern", sagte Mudey der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn es zu Kämpfen kommt, werden wir den Krieg fortsetzen, bis wir Addis Abeba erobert haben." Er erinnerte an die desaströse, von den USA geführte UN-Mission 1993 in Somalia. Die AU solle lieber Geld für Friedensprojekte ausgeben.

Somalia als Terroristenparadies?

Äthiopien hingegen fürchtet ein zweites Afghanistan und eine "Talibanisierung" Somalias in Folge der Machtergreifung der islamischen Gerichte. Eine Sichtweise, die vor allem die USA, ein Partner Äthiopiens, teilen. In der Tat: In den von ihnen kontrollierten Gebieten haben die Islamisten bereits die Scharia, das islamische Recht, sowie eine eigene Verwaltung eingeführt.
Doch die Bevölkerung Somalias sei froh nach 15 Jahren Schreckensherrschaft durch Warlords, Clanmilizen und Banden, endlich eine Aussicht auf geregeltere Verhältnisse zu haben. Das schreibt der Afrika-Kenner Bartholomäus Grill, in der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Die Somalier pflegen seit Jahrhunderten einen vergleichsweise liberalen Volksislam. […] Die Exzesse im Stil der Taliban […] werden von der Mehrheit abgelehnt."

Krisenintervention versus Nichteinmischung

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"Afrika muss sich vereinen" - die Maxime der Afrikanischen Union

Ob dies der richtige Zeitpunkt für eine Intervention ist? Anfang September hatten die somalische Übergangsregierung und die Union der islamischen Gerichte unter Vermittlung der Arabischen Liga ein vorläufiges Friedensabkommen unterzeichnet. Von einer Truppenentsendung war darin nicht die Rede. Die Nachrichtenagentur DPA sprach in dem Zusammenhang gar von einem Abkommen, keine ausländischen Soldaten in Somalia zu akzeptieren. In der vergangenen Woche einigten sich beide Parteien auf den Aufbau einer gemeinsamen Armee. Die UIC hatte außerdem angekündigt, das Tragen von Waffen in Mogadischu zu verbieten.

IGAD und die Afrikanische Union müssen abwägen: Könnte die Intervention den möglichen Beginn eines somalischen Friedensprozesses nach 15 Jahren Anarchie zerstören und womöglich einen regionalen Krieg anheizen? Oder würde der Einsatz die Geburt eines mittelalterlichen Gottesstaates inklusive Terroristencamps verhindern?