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Gewalt überschattet letzten Wahltag in Ägypten

8. Dezember 2005

Am letzten Tag der Parlamentswahl in Ägypten ist es zu weitaus mehr gewaltsamen Zusammenstößen gekommen als bei den fünf vorherigen Abstimmungsrunden. Die Muslimbruderschaft konnte nach ersten Ergebnissen weiter zulegen.

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Ägypter versuchen in ein von der Polizei blockiertes Wahllokal zu kommenBild: AP

Nach Behördenangaben wurden bis Mittwochabend (7.12.2005) insgesamt acht Menschen von Sicherheitskräften erschossen, darunter ein 14-jähriger Junge. Zahlreiche Menschen wurden verletzt. Die tödlichen Zwischenfälle ereigneten sich alle im Nildelta, wo die verbotene Muslimbruderschaft mehrere Hochburgen hat. Nach ersten Auszählungen konnten dieser Gruppe nahe stehende Kandidaten weitere Sitze hinzugewinnen.

Hartes Vorgehen der Polizei

Nach Angaben von Polizei und Krankenhäusern wurden zuerst in der nördlichen Stadt Damietta zwei Männer getötet, als die Polizei vor Wahllokalen Schusswaffen und Tränengas einsetzte. Bei ähnlichen Zusammenstößen wurden im nahe gelegenen Kattawija ein 14-jähriger Junge und ein 22-jähriger Mann erschossen. Zwei weitere Tote gab es in der ebenfalls im Nildelta gelegenen Stadt Matarija. Später wurden nochmals zwei Tote gemeldet, wiederum aus Damietta sowie aus einer Ortschaft unweit von Sagasig.

Gewalt von Beginn an

Wie auch die beiden ersten Runden der Parlamentswahl, die am 9. November begonnen hatte war der dritte Abstimmungstag von Gewalt überschattet. In verschiedenen Orten lieferten sich Jugendliche gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei. Sie warfen Steine, feuerten Gummigeschosse ab und griffen die Polizisten mit Tränengas an. Mit Knüppeln und Messern bewaffnete Unterstützer der Nationaldemokratischen Partei (PND) von Präsident Husni Mubarak eilten der Polizei zur Hilfe.

Muslimbruderschaft legt zu

Nach Angaben einer ägyptischen Menschenrechtsorganisation versperrte die Polizei im Nildelta seit dem Morgen 355 Wahllokale. Nur die Wähler der PND seien zu den Urnen durchgelassen wurden, hieß es. Bei der Wahl in den Regionen des Nildeltas nördlich der Hauptstadt Kairo waren am Mittwoch noch 121 der insgesamt 454 Parlamentssitze zu vergeben.

In der neuen Volksvertretung verfügt die islamische Opposition über 88 der 454 Mandate, wie am Donnerstag aus dem Innenministerium in Kairo verlautete. Eine klare Mehrheit von 333 Sitzen haben aber weiterhin die Nationaldemokratische Partei von Präsident Husni Mubarak und ihre Verbündeten. Auf andere Oppositionsparteien und unabhängige Kandidaten entfallen 21 Sitze. Bei zwölf Mandaten steht die Entscheidung noch aus. Lediglich vier Frauen wurden gewählt. Das Endergebnis soll in der kommenden Woche bekannt gegeben werden.

Scharfe Kritik der USA

Der Urnengang sende ein "falsches Signal" vom Einsatz der Regierung in Kairo für Demokratie und Freiheit, sagte der stellvertretende US-Außenamtssprecher Adam Ereli in Washington. Die "Entwicklungen" der vergangenen Wochen gäben Anlass zur Sorge über den Fortgang des politischen Reformprozesses in Ägypten. Zur Begründung nannte Ereli unter anderem die erneute Festnahme des ägyptischen Oppositionellen Ayman Nur sowie zahlreicher Oppositionskandidaten und ihrer Anhänger, die Misshandlung von Wahlbeobachtern und Journalisten sowie Versuche, Wähler von den Urnen fernzuhalten. (stl)