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Gewalt erschüttert Kairo weiterhin

18. Dezember 2011

Die Lage in Ägypten ist wieder eskaliert: Soldaten und Demonstranten sind erneut in Kairo gewaltsam aufeinander losgegangen. Das Militär räumte mit Schlagstöcken bewaffnet das Zentrum des Protests, den Tahrir-Platz.

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Demonstranten in Kairo werfen mit Steinen (Foto: dapd)
Gewalt bestimmt das Straßenbild in KairoBild: dapd

Es ist ein Kampf, der mitten in der ägyptischen Hauptstadt Kairo tobt. Auch in der Nacht zum Sonntag (18.12.2011) gab es wieder gewaltsame Zusammenstöße zwischen Aktivisten und dem Militär. Dieses hatte zuvor eine Betonmauer zwischen dem Parlament und dem Tahrir-Platz errichtet, um diesen Weg für die Protestteilnehmer zu blockieren. Aus Angst vor Wurfgeschossen trugen viele Demonstranten Helme oder Eimer auf dem Kopf. Soldaten hatten zuvor mit Steinen, Möbeln, Glasscherben und anderen Gegenständen nach ihnen geworfen. Die Straßen waren übersäht mit den Überresten.

Polizisten prügeln auf Demonstranten in Kairo ein (Foto: PA/dpa)
Polizisten prügeln auf Demonstranten in Kairo einBild: picture alliance/dpa

Am Samstagnachmittag hatte das Militär den Tahrir-Platz gestürmt. Mit großer Härte war es dabei gegen die Menschen vorgegangen. Fotos und Fernsehbilder zeigten, wie Soldaten und Polizisten mit Schlagstöcken auf die Protestierenden eingeschlagen und Frauen an den Haaren über den Apshalt gezogen haben. Mindestens zehn Menschen sind offiziellen Angaben zufolge in den vergangenen Tagen getötet worden, mehr als 440 wurden verletzt. Unter den Toten war auch der hohe Geistliche Emad Effat.

Verstärkt Übergriffe des Militärs auf Frauen

Der Unmut der Ägypter richtet sich gegen den Militärrat und die Übergangsregierung. Doch statt das Volk zu beruhigen, befeuert der Militärrat den Aufstand. Vor allem die Gewalt gegen Frauen scheint zu eskalieren. Viele Fotos und Videos im Internet zeigen, wie Soldaten Frauen Schleier vom Kopf oder sogar T-Shirts vom Leib reißen. "Glauben die etwa, das sei männlich", fragt die 19-jährige Studentin Toqa Nossier, die an den Demonstrationen teilnimmt. "Wo bleibt die Würde? Keiner kann das tolerieren und akzeptieren, was hier gerade passiert." Der Militärrat wolle jegliche Kritik im Keim ersticken. Er wolle weiterhin an der Macht bleiben, meint Toqa.

Viele Demonstranten hielten erzürnt Zeitungen in die Luft, in denen über die Gewalt gegen Frauen berichtet wird. "Ist das etwa die Armee, die uns beschützen soll", rufen sie rhetorisch den Soldaten entgegen. Auch Mohamed El-Baradei, der ehemalige Chef der Internationalen Atomenergiebehörde und derzeitige Präsidentschaftskandidat, fragt auf Twitter, ob sich das Militär nicht schäme.

Ministerpräsident Kamal al-Gansuri verteidigte hingegen die Soldaten. Sie hätten die Demonstranten nicht erschossen. Andere Aktivisten hätten die Schüsse abgefeuert und wollten nun dem Militär die Schuld in die Schuhe schieben. Die Proteste bezeichnete al-Gansuri als "Anti-Revolution".

Schwierige politische Lage

In Ägypten finden derzeit die ersten freien Parlamentswahlen statt, die den Übergang zu einer Zivilregierung ebnen sollen. Die Abstimmung in mehreren Runden soll im Januar abgeschlossen werden. Für Juni sind Präsidentschaftswahlen geplant.

Die aktuellen Ausschreitungen waren die blutigsten seit den Protesten Ende November, bei denen 40 Menschen getötet wurde. Die Lage in Ägypten ist seit dem Sturz von Ex-Präsident Hosni Mubarak instabil. Seither hält der Militärrat die Zügel in der Hand.

Autorin: Nicole Scherschun (dapd, afp, rtr, dpa)
Redaktion: Marko Langer