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Gibt es Unterschiede im Alltagsleben der Tschechen und der Slowaken?

11. Februar 2003
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Prag, 10.2.2003, RADIO PRAG, deutsch, Martina Schneibergova

Es gibt zwar bestimmte Unterschiede zwischen der Mentalität der Tschechen und der Slowaken, diese sind jedoch unter der jüngeren Generation kaum mehr zu verzeichnen. Und: In der slowakischen Gesellschaft spielen Bekanntschaften und gegenseitige Hilfe eine viel größere Rolle als in Tschechien. Dies sind einige der Resultate der Forschungen, die im Buch "Wie geht es euch, Tschechen, wie geht es euch, Slowaken", zusammengefasst wurden. (...)

Das Buch ist das Werk eines tschechisch-slowakischen Autorenkollektivs. Wie einer der Autoren, der Mathematiker und Soziologe Milan Tucek, betonte, sind sich die Tschechen und die Slowaken nach zehn Jahren, die seit der Auflösung der Tschechoslowakei vergangen sind, der Unterschiede bewusst, die es z. B. im Lebensstandard bzw. im Lohnbereich gibt. Diese Tatsache wirke sich jedoch - so der Experte - nicht auf die Zufriedenheit mit der jeweiligen Gesellschaftsentwicklung aus. In der Slowakei seien keine Neidgefühle verzeichnet worden. Tucek fügt hinzu:

"Auch unter Tschechen ist die Haltung nicht verbreitet, die man mit den folgenden Worten zusammenfassen könnte: Das geschieht ihnen Recht, wenn sie sich von uns trennen wollten. Die Menschen haben ihre Vorstellung darüber, wie es in dem anderen Land aussieht und betrachten dies realistisch."

Die größten Unterschiede gibt es in der absoluten Einkommenshöhe. Die Arbeit wird in der Slowakei ungefähr um ein Drittel niedriger bewertet als in Tschechien. Paradoxerweise wird z. B. die Ausstattung der Haushalte dadurch gar nicht beeinflusst. Milan Tucek meint:

"Die Ausstattung der tschechischen und slowakischen Haushalte ist zwar ähnlich. Aber die Dynamik, mit der die Haushalte ausgestattet werden, war in den vergangenen zehn Jahren in der Slowakei höher - trotz der niedrigeren Einkommen. D. h., dass die Slowaken öfters bestimmte Hauhaltsgeräte wechselten als die Tschechen. Darin besteht das Paradox. Es geht dabei darum, wie das Geld investiert wird. In Tschechien sind wieder die Wohnkosten im Allgemeinen höher als in der Slowakei, wo mehr Menschen in eigenen Wohnungen bzw. Häusern leben."

Während die Sozialstruktur in Tschechien moderner ist - da es hier viel mehr Privatunternehmer gibt, erreichen die Slowaken schneller ein höheres Bildungsniveau. Auf meine Frage, ob es sich zeigte, dass bestimmte stereotype Vorstellungen über die beiden Völker inzwischen nicht mehr gelten, antwortete Milan Tucek:

"Die Meinung, dass die Slowaken extrovertierter als die Tschechen sind, wurde widerlegt. Ich weiß nicht, warum, aber die junge Generation ist sich in dieser Hinsicht ähnlich und bei der älteren Generation ist es umgekehrt, als man glauben würde - die Tschechen sind extrovertierter als die Slowaken." (fp)