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Glasklarer Sieg

Spiros Moskovou8. März 2004

Die Griechen haben sich für einen Wandel entschieden. Das kommt nicht überraschend, meint Spiros Moskovou.

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Anders als bei den Wahlen vor vier Jahren, als die Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK) die Neue Demokratie (ND) mit einem Vorsprung von nur einem Prozentpunkt besiegte, haben die griechischen Wähler diesmal der stärksten Oppositionspartei einen glasklaren Sieg beschert.

Die relative Mehrheit der Wählerstimmen verwandelt sich von dem geltenden Mehrheitswahlrecht in eine komfortable parlamentarische Mehrheit. Wie schon die Umfragen seit einem Jahr deutlich zeigten, wollte die griechische Wählerschaft den Wechsel, nachdem die PASOK das Land seit 1981 regiert hatte, mit Ausnahme einer ND-Regierung von 1990 bis 1993.

Premierminister Kostas Simitis trat Anfang Januar 2004 als Präsident der PASOK zurück und übergab das Ruder an Giorgos Papandreou, dem Sohn des charismatischen Populisten Andreas Papandreou. Dieser Schritt hat zwar das Ausmaß der Niederlage von PASOK eingedämmt, allerdings konnte er diese nicht verhindern. Auch die Neue Demokratie hatte einen prestigeträchtigen Namen an der Spitze: Ihr Chef Kostas Karamanlis ist der Neffe von Konstantinos Karamanlis, der Griechenland nach der Junta-Diktatur (1967-1974) in die Demokratie und später in die Reihen der EU führte. Zwischen dem sympathischen und sprachlich etwas unsicher wirkenden Giorgos, übrigens Sohn einer Amerikanerin, und dem kumpelhaften und wortgewandten Kostas, hinterließ letzterer den besseren Eindruck.

Doch letztendlich war es die Unzufriedenheit der Griechen über die Probleme des Alltags, die bei diesen Wahlen ausschlaggebend war: Mittlerweile kostet ein Römersalat in Athen genauso viel wie in Berlin, die Löhne und die Renten sind aber viel niedriger als der europäische Durchschnitt. Die Bürger stehen stundenlang Schlange vor den Ämtern, um auch nur die geringsten ihrer Anliegen zu erledigen.
Krankenbetten in den Gängen von Griechenlands Krankenhäusern sind ein nicht seltenes Phänomen, in den Schulen und Universitäten des Landes herrscht Chaos, während das Verkehrsproblem in der Molochstadt Athen, wo fast die Hälfte der griechischen Bevölkerung lebt, ungelöst bleibt.

Es ist kein Zufall, dass Giorgos Papandreou in einem Interview tiefe Einschnitte in vier wichtigen Bereichen angekündigt hatte: Gehalt und Rente, Bildung, Gesundheit und Verwaltung. Zu spät. Die meisten Bürger glaubten nicht mehr, dass er die Fehler und Mängel seiner Partei korrigieren könnte. Sie konnten nicht überzeugt werden, dass der bisherige Außenminister schon ab morgen die Korruption und den Filz, die die letzten Jahre die PASOK-Regierung begleiteten, beseitigen könnte.

Auf den ersten Blick scheint es paradox, doch die PASOK hat im sozialen Bereich - dem klassischen Feld einer sozialdemokratischen Partei - versagt. Und die Neue Demokratie hat gewonnen, indem sie die Verbesserung des Lebensstandards der sozial schwachen Schichten versprach, auch wenn sie die Art und Weise der Finanzierung der Sozialleistungen nicht ausreichend erklären konnte.

Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, bedeutet diese
Relativierung der Begriffe "Linke" und "Rechte" in Griechenland eine Angleichung an die politische Wirklichkeit der großen EU-Länder. Wenn die PASOK während der 8 Jahren der Regierung Simitis - außer den großen Bauwerken für die Infrastruktur - etwas bedeutendes erreicht hat, dann war dies die bessere Einordnung Griechenlands in die europäischen Strukturen aufgrund einer berechenbaren Außenpolitik und der Mitgliedschaft in der Eurozone.

Kostas Karamanlis und die Neue Demokratie übernehmen jetzt die Aufgabe der realen sozialen Konvergenz zu der Gemeinschaft. Und diese Aufgabe wird schwierig sein, wenn man die eiserne finanzpolitische Disziplin, die der Stabilitätspakt verlangt, und die vorauszusehende Verlangsamung des Wirtschaftswachstums nach der
Fertigstellung der Bauwerke für Olympia 2004 in Betracht zieht.