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Normen helfen Wirtschaft

Karl Zawadzky21. April 2007

Jeder kennt die Papiergröße "DIN A4". Selbst so mancher Liebesbrief hat neben seiner emotionalen Dimension diese genormte Größe. Normen wie diese helfen Unternehmen bei der Globalisierung.

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Ein Mann in weißem Kittel steht vor einer Reihe Kondome die über Glasröhren gezogen sind. Quelle:AP
Auch Kondome sind normiertBild: picture-alliance/dpa

Vor nunmehr 90 Jahren begann in Deutschland die Normierung technischer Gegenstände und Verfahren, mittlerweile gelten Normen auch für Dienstleistungen und sogar für Patente. Deutschland ist noch immer weltweit führend in der Normierung, allerdings mittlerweile im europäischen Verbund. Hierzulande gelten zurzeit mehr als 30.000 Normen, davon sind 2500 voriges Jahr neu festgesetzt worden.

Am liebsten wäre den Fachleuten vom DIN-Institut in Berlin, es käme zu weltweit gültigen Standards im Rahmen der internationalen Normungsorganisation ISO. Denn Normen sind ein ideales Instrument zur Förderung des weltweiten Handels. Alle Länder, die sich an der Normung beteiligen, haben davon Vorteile. Allerdings befördern Normen den Wettbewerb. Und dabei gilt: Wer bei gleichen Bedingungen am wettbewerbsfähigsten ist, der hat den größten Vorteil. Leider machen – noch – die USA nicht mit. Langsam aber sicher wird das zum Nachteil Amerikas.

Vorteile der Normung

Ein beschriebenes Blatt.
DIN A 4: wohl die bekannteste DIN-NormBild: Bilderbox

Wenn sich ein Unternehmen für die Normung seiner Produkte entscheidet, verringert es auf der einen Seite seinen monopolistischen Bereich. Denn im Normungsprozess gibt es eigenes geistiges Eigentum auf und macht Platz für Wettbewerb. Doch dieser Wettbewerb führt andererseits in aller Regel zu einer Vergrößerung des Marktes und zu niedrigeren Kosten für die Verbraucher. Das ist zum Vorteil aller Beteiligten. Der Gesamteffekt der Normierung ist positiv.

Allein für Deutschland wird der Vorteil der Normung auf rund 16 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Dabei gilt für das DIN-Institut in Berlin: Die internationale Normung hat Vorrang vor der europäischen Normung; die europäische Normung hat Vorrang vor der nationalen Normung. Der einfache Grund: Bei der internationalen Normung ist der Nutzen am größten, bei der europäischen Normung ist er immerhin noch größer als bei der nationalen Normung. Dietmar Harting, der Präsident des Deutschen Instituts für Normung erklärt, dass die europäische Norm in allen Mitgliedsländern angewendet wird, nationale Normen mussten zurückgezogen werden. Damit habe sich Europa für die Regulierung entschieden.

Normen fördern den Wettbewerb

Normen sind nichts anderes als allseits anerkannte Regeln der Technik. Sie fördern den weltweiten Handel und dienen der Rationalisierung, der Qualitätssicherung, dem Umweltschutz, der Sicherheit in den Betrieben und der Produkte sowie Verständigung in der Wirtschaft, Technik und Wissenschaft. Wenn eine Norm genannt wird, dann wissen alle, was genau gemeint ist. Bis Ende vorigen Jahres ist es gelungen, etwa 3000 erst deutsche und dann europäische Normen über internationale Vereinbarungen als ISO-Normen festzulegen.

Normen werden nicht vom Staat festgesetzt, sondern von Unternehmen auf freiwilliger Basis vereinbart. Den Unternehmen geht es dabei darum, über die Festsetzung von Normen einen strategisch wichtigen Vorteil bei der Vermarktung ihrer Produkte zu erhalten. Im vergangenen Jahr standen bei der Normung die Nanotechnologie, die Luft- und Raumfahrt, Verkehrstechnologien aus den Bereichen Auto und Bahn sowie die Medizin- und Biotechnik im Vordergrund. Hinzu kamen als Schwerpunktthemen die Energiegewinnung und Energiebereitstellung sowie die Energieeffizienz.

Boombereich Umwelttechnik

Drei Rotoren von Windkraftanlage in einer Reihe schräg hintereinander.
Für Windenergieanlagen gelten 16 internationale NormenBild: picture-alliance / dpa

Gerade im Energiebereich kommt Normen und Standards eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung von umweltfreundlichen Verfahren zu. Sie stellen nämlich sicher, dass Umwelteinwirkungen auf einfache und vergleichbare Weise gemessen werden können. Zum Beispiel ermöglicht die internationale Norm ISO 14064 eine präzise und leicht nachprüfbare Bestimmung der Emission von Treibhausgasen. Das schafft für Unternehmen und Regierungen eine gemeinsame Entscheidungsgrundlage für deren Verringerung.

Sehr stark genormt wird zur Zeit die Umwelttechnik, eine der Stärken der deutschen Wirtschaft. Das gilt insbesondere für die erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie. Die etwas ältere Technik der Photovoltaik wird mittlerweile in 50 Normen behandelt. Bei den Windenergieanlagen, bei denen Deutschland weltweit führend ist, kommt mit der zunehmenden Globalisierung auch die Normung in Schwung: mittlerweile gelten für Windenergieanlagen 16 internationale Normen.

Eigene Normen in den USA

Die USA schaffen bei den internationalen Normen, wenn sie sich denn überhaupt daran beteiligen, im Gegensatz zu den europäischen Ländern die nationalen Normen nicht ab. Mehr noch: In Amerika haben nationale Normen immer Vorrang. DIN-Direktor Bahke ist der Überzeugung, dass das mittlerweile zum Nachteil der USA ist, denn die amerikanischen Firmen müssen in der Konstruktion und bei der Produktion immer zwei Normen beachten. Hinzu kommt, dass der amerikanische Standard in Europa und in Asien nicht mehr akzeptiert wird. Wer sich auf amerikanische Standards versteife, ist abhängig von amerikanischen Anbietern und Zulieferern, weiß Bahke. Selbst die Erdölindustrie arbeite in der ISO zur Zeit daran, die nicht-metrischen Dimensionen abzuschaffen und in metrische Dimensionen umzuwandeln.

Japan hat die Kehrtwende bereits vollzogen, was Bahke auch den Amerikanern empfiehlt. Bis vor zehn Jahren hatte Japan eigene Normen, was den Europäern den Marktzutritt erheblich erschwerte. Aber dann ist in Japan erkannt worden, dass die japanischen Normen beim Export etwa nach Europa nur Nachteile hatten. Prompt hat Japan seine eigenen Normen abgeschafft und sich der internationalen Normung angeschlossen.