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Globales Recht?

Alexander Kudascheff17. Juli 2002

Der internationale Strafgerichtshof in Den Haag - er ist eine amerikanische Erfindung und eine europäische Leidenschaft

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Doch die USA - nicht nur die einzige Supermacht dieser Welt und dieser Zeit, sondern eine alle überragende Hypermacht - wollten plötzlich nicht mehr, dass die Welt gemeinsam über Massaker und Völkermord zu Gericht sitzt. Genauer: sie wollten nicht, dass andere über ihre Soldaten zu Gericht sitzen und sie vielleicht verurteilen.

Dabei war von vornherein klar: nur wenn die USA nicht bereit gewesen wären, ein neues My Lai aufzuarbeiten, erst dann wäre sie nach Den Haag gekommen. Doch jenseits der amerikanischen Hysterie: die Europäer, die nicht befürchten müssen, nach Den Haag zu kommen, weil ihr militärisches Engagement zweitrangig ist, sie sind für diesen Strafgerichtshof - ohne Wenn und Aber.

Dafür haben sie gekämpft und dann sind sie eingeknickt. Denn: die Amerikaner haben für ihre Soldaten erreicht, dass sie erst einmal ein Jahr lang von der Strafverfolgung geschützt sind. Und dann - entscheidet der Sicherheitsrat, und da hat Washington ein Veto. Damit ist eine schöne Idee internationaler Gerechtigkeit ad acta gelegt - oder vielleicht auch nicht.

Denn bis jetzt hat sich der Disput zwischen dem alten und dem neuen Kontinent eher auf der moralischen Ebene bewegt: Europa stand für die hehren Ideale, Amerika wollte sich nicht mehr dafür einsetzen. Doch warum war Washington eigentlich dagegen, dass Amerikaner nach Den Haag ausgeliefert werden können? Hat die Hypermacht vielleicht Angst vor einem selbstgerechten Tribunal, in dem Vertreter von Diktaturen die Moralapostel spielen? Oder hat es Angst vor seinen eigenen Anwälten, die eine Anklage in Den Haag zur Rechtfertigung eigener Klagen nutzen?

Nach dem so genannten Kompromiss von New York, in dem Europa mehr als eingelenkt hat, ist jetzt aber der Weg frei für eine offene Diskussion: Braucht man überhaupt einen Strafgerichtshof?