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Goethe, Porsche und der Prinz

Rainer Traube26. Oktober 2002

Deutsche Spitzenwinzer wollen wieder in der Weltliga spielen. Eine Reportage von DW-TV-Redakteur Rainer Traube.

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Das neue Motto: Raus aus dem SchattendaseinBild: AP

Tagelang hat es geregnet in den Weinbergen rund um Wallhausen - und das mitten in der Weinlese. Doch da kennt der Prinz kein Pardon: Nasse Trauben werden nicht gelesen! "Nur Qualität kann uns helfen, den deutschen Wein wieder dorthin zu bringen wo er hingehört. Nämlich an die Spitze".

Skeptisch beobachtet Michael Prinz zu Salm-Salm die grauen Wolkenberge, die der Herbstwind über die Weinberge des Gräfenbachtals jagt. Vielleicht kann er seine Leute ja heute wieder in den Weinberg schicken. Spätburgunder und Riesling sind reif und müssen in den Keller.

Salms Weingut liegt hinter den Bergen der Nahe, in einem versteckten Winkel irgendwo zwischen Rhein und Hunsrück. Viele Weingärten im Gräfenbachtal sind verlassen. Wo noch vor zwanzig Jahren Riesling und Silvaner wuchsen, breitet sich Unkraut aus. Dazwischen, am Johannisberg, die gepflegten Steillagen des Salm-Dalbergschen Weinguts.

Der Familienerbe hat das 800 Jahre alte Gut in den letzten 20 Jahren konsequent an die deutsche Spitze gesteuert. Mit ökologischem Weinbau und rigoroser Selektion von mittelmässigen oder faulen Trauben.

"Das Menge-Güte-Gesetz", sagt er und verschränkt die Arme zu einem X: "Je geringer der Ertrag, desto höher die Qualität."

Weil der Prinz als gelernter Kaufmann etwas von Marketing versteht und ohnehin einer ist, der gerne etwas bewegt, kämpft er gleich für den gesamten deutschen Spitzenwein. So hat er als Präsident des Verbands der Prädikatsweingüter gerade eine neue Klassifikation durchgesetzt. Damit der deutsche Etikettenwirrwarr aufhört und auch Käufer in Übersee wissen, woran sie sind.

"Im Ausland kennen die Leute Porsche und Goethe, aber keine Lage und höchstens die Riesling-Traube. Wir wollen mit unseren 'Großen Gewächsen' irgendwo zwischen Porsche und Goethe stehen", sagt der Prinz und nippt am ersten Riesling des neuen Jahrganges. Der fliesst noch brauntrüb aus dem großen Holzfass im alten Gewölbekeller und riecht nach Gärung. Dem Kenner aber verrät er schon den potentiellen Spitzenwein. 70.000 Flaschen füllt Kellermeister Markus Leyendecker jedes Jahr auf dem Gut ab. Jede Dritte geht in die USA und nach Japan.

"Vor hundert Jahren war der deutsche Riesling auf den internationalen Weinmärkten teurer als ein Bordeaux." Und da will der Prinz den deutschen Wein auch wieder sehen - mindestens auf Augenhöhe mit den französischen Grand Crus.