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Gorleben mitten in Nevada

Eckhard Tollkühn13. Mai 2002

Nach dem Willen der US-Regierung soll im Bundesstaat Nevada eine zentrale Ablagerungsstätte für radiokaktiven Abfall entstehen. Bewohner und Umweltschützer laufen Sturm. Eckhard Tollkühn über die Atommülldebatte

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Jetzt hat auch Amerika sein Gorleben. Die Diskussion um das Für und Wider wird ebenso erhitzt geführt wie einst in Deutschland. Aber bis zu den Castor-Transporten quer durch die USA und den zu erwartenden Protesten werden noch Jahre vergehen. Erst 2010 sollen die Stollen im Yucca Mountain bezugsfertig sein.

Am 15. Februar 2002 beschloss Präsident Bush den amerikanischen Atommül zentral zu lagern. Denn der Anfall von Abfall wird immer größer. Bislang werden die 80 000 Tonnen hochgiftigen Mülls aus Atomkraftwerken und Atomwaffenschmieden überirdisch in 131 Deponien über die gesamten Vereinigten Staaten verteilt gelagert. Damit soll nun Schluss sein.

Die Wahl für das Endlager fiel auf Nevada, ein Staat, größer als die alte Bundesrepublik Deutschland mit gerademal 1,3 Millionen Einwohnern, die zudem meist noch in Las Vegas wohnen.

Yucca Mountain liegt 130 km nordwestlich von Las Vegas. Die nächste menschliche Behausung ist 60 km entfernt. In der Gegend wurden in den 50er Jahren die ersten Atombomben getestet. Radioaktive Verseuchung hat hier also schon Tradition.

Ein idealer Standort, zumindest aus der Sicht des fernen Washington.

Doch der Gleichmut, mit dem die Nevadianer früher die Atomtests über sich ergehen liessen, ist dahin. Damals galt es die Demokratie gegen die roten Horden zu verteidigen. Aber jetzt zum radioaktiven Mülleimer der Nation degradiert zu werden, dazu ist man einfach nicht bereit.

Über den Streit zerbrechen sogar Parteifreundschaften. Für den republikanischen Gouverneur des Wüstenstaates Kenny Guinn, sonst ein strammer Jünger des Präsidenen, war das Mass voll. Er wehrt sich mit dem Underdog-Argument: Immer auf die Kleinen. Der bevölkerungsschwache Bundesstaat ist aber nicht ganz wehrlos. Dass die "Kleinen" nicht untergebuttert werden, dafür haben die Gründerväter der Nation den Senat geschaffen, in dem jeder Bundesstaat, egal wie groß, zwei Vertreter hat. Und noch muß das Deponie-Projekt vom Senat genehmigt werden. Dort rechnet man mit mehr Widerstand als im Repräsentantenhaus. Kritiker fürchten vor allem, dass sich Terroristen beim Transport der atomaren Ladung bemächtigen könnten. Im heutigen Klima ein durchaus schlagkräftiges Argument. Wissenschaftler führen an, dass Yucca Mountain in einem Erdbebengebiet liegt, nicht gerade die beste Empfehlung für die kritische Materie.

Dennoch, der Kampf scheint aussichtslos. Das winzige Nevada gegen den Rest der Nation.

Nur eine kleine Schar Nevadianer freut sich auf die Deponie. Sie versprechen sich von ihr sichere Arbeitsplätze, wobei sie sich bei dem Wort "sicher" nicht in jeder Hinsicht sicher sind.