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Gospel statt Gesangverein

20. Juni 2009

Während viele weltliche Chöre unter Nachwuchsmangel leiden, haben die Gospelchöre Zulauf wie nie zuvor - mehr als 100.000 Sänger engagieren sich. Was sind die Gründe dafür?

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Sänger des Living Gospel-Chor werfen die Arme in die Höhe (Foto: Freie Evangelischen Gemeinde Schalksmühle)
Gospel-Singen lockert die SeeleBild: Freie Evangelische Gemeinde Schalksmühle

Das Sozialwissenschaftliche Institut (SWI) der Evangelischen Kirche in Deutschland ist dieser Frage auf den Grund gegangen. Mehr als 8000 Sängerinnen und Sänger sowie 400 Chorleiter wurden befragt, die Antworten in einer Studie vorgestellt.

Faszination Rhythmus

Konzertprobe (Foto: CVJM Lützingen)
Konzentriertes Proben bei der Ohrwurm-Family vor dem KonzertBild: CVJM Lützingen

Danach ist es in allererster Linie die rhythmische Musik, die die Menschen fasziniert, die Tatsache, dass man beim Singen aus sich heraus gehen kann. "Musikvorlieben geben Auskunft über Lebensstil beziehungsweise milieu-spezifische Orientierungen", heißt es in der Studie. Demnach bevorzugen Gospelsänger mit Pop, Musical und Rock eher moderne, rhythmusbetonte Unterhaltungsmusik. Die klassische Musik findet weniger Zuspruch, die traditionelle Unterhaltungsmusik wie Volksmusik, Operette oder Schlager trifft überwiegend auf Ablehnung.

Die Untersuchung bringt an den Tag, dass es gar nicht die von Grund auf religiösen Menschen sind, die gerne Gospels singen. Je länger sie aber bei einem Gospelchor mitsingen, desto eher verändere sich auch ihr Verhältnis zur Kirche. 44 Prozent der Befragten sagten, ihr Gefühl der Verbundenheit mit der Kirche sei enger geworden sei. Fast ein Drittel gab an, ihre Religiosität sei intensiver geworden. Ebenso viele haben geantwortet, sie gingen heute häufiger in den Gottesdienst - unabhängig von den Auftritten des Chores.

Gospel-Interpreten sind jung und gebildet

Konzert der Ohrwurm-Family (Foto: CVJM-Lützingen)
Die Ohrwurm -Family des CVJM-Lützingen - fünf Chöre mit 150 Sängerinnen und Sängern von fünf bis 60 JahrenBild: CVJM Lützingen

Gospelsänger sind im Durchschnitt 42 Jahre alt. Der Bevölkerungsdurchschnitt liegt bei 45 Jahren, und die kirchlich Engagierten sind in der Regel mindestens 52. Die meisten Gospelsänger haben das Abitur abgelegt, wenn nicht sogar studiert. Somit dürften die Argumente der Gospel-Kritiker kaum zutreffen, die da behaupten, die meist englischen Liedtexte würden kaum hinterfragt. Das Gegenteil ist der Fall. Eine Frage der Studie lautete, ob Gospelmusik überzeugende Liedtexte hat. Fast 80 Prozent der Befragten beantworten diese Frage mit einem eindeutigen Ja. Oberkirchenrätin Petra-Angela Ahrens vom SWI sagt dazu: "Wenn wir die englische Sprache hören, verbinden wir damit nicht die kirchlich tradierten Sprachmuster."

Gospel-Liebhaber sind überwiegend weiblich

"Der Frauenanteil bei den Gospelsängern liegt bei mindestens 70 Prozent. An dieser Tatsache lässt sich nicht rütteln", sagt Martin Bartelworth, der selbst schon Gospelchöre geleitet hat und zuständig ist für die Internationalen Gospelkirchentage. Frauen singen einfach lieber als Männer, Frauen wirken generell häufiger in Chören mit. Aber die Männer kommen zu den Konzerten, wenn die Frauen singen. Und je länger sie der Musik zuhören, umso mehr öffnen sie sich. Trotzdem wird Martin Bartelworth weiterhin kräftig für den Männeranteil beim Gospelsingen werben müssen, und er tut das, indem er jetzt schon einlädt zum 5. Internationalen Gospelkirchentag, der im September 2010 in Karlsruhe statt findet.

Das ist die größte Musik-Plattform für Gospelmusik in Deutschland. Es werden 5000 Sängerinnen erwartet und viele Menschen, die sich anstecken und begeistern lassen bei Open Air-Veranstaltungen, bei Workshops und bei Konzerten.

Gospelchöre unter kirchlichem Dach

Drei Viertel aller Gospelchöre gehören zu einer Kirchengemeinde, 61 Prozent davon singen unter dem Dach der Evangelischen Kirche. Gospelchöre verkünden singend die Frohe Botschaft, das gemeinsame Singen gibt Kraft und macht Freude. Wahrscheinlich ist genau das der Grund dafür, dass Gospelchöre so regen Zulauf haben.

Autorin: Irene Merkel

Redakteur: Klaus Krämer