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Gräueltaten in der Elfenbeinküste dauern an

28. Juli 2011

Hunderttausende Flüchtlinge aus der Elfenbeinküste können auch nach Ende des Konflikts um die Präsidentschaft nicht in ihre Heimat zurückkehren. Amnesty International kritisiert ein anhaltendes "Klima der Angst".

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Flüchtlinge aus der Elfenbeinküste (Foto: AP)
Viele Ivorer suchen Schutz in FlüchtlingslagernBild: AP

Im westafrikanischen Land Elfenbeinküste sind auch nach dem Machtkampf um das Präsidentenamt immer noch mehr als 600.000 Menschen auf der Flucht. Auf dem Gebiet der Elfenbeinküste gebe es noch etwa 500.000 Binnenvertriebene, die vor allem in Flüchtlingslagern lebten. Mehr als 100.000 Menschen seien in die Nachbarländer geflüchtet. Das geht aus einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) hervor. "Noch immer werden Menschen systematisch nur aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit von den Sicherheitskräften attackiert", kritisierte die Afrika-Expertin Franziska Ulm am Donnerstag (28.07.2011) in Berlin. Der jetzige, rechtmäßig gewählte Präsident Alassane Ouattara müsse endlich handeln.

Klima der Angst hindert Flüchtlinge an Rückkehr

Karte Elfenbeinküste (DW-Grafik)
Die Elfenbeinküste - ein Vielvölkerstaat von der Größe Polens

Der Konflikt um die Präsidentschaft in der Elfenbeinküste eskalierte im Frühjahr dieses Jahres. Nach seiner Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 weigerte sich der damalige Amtsinhaber Laurent Gbagbo, den Stuhl für Ouattara freizumachen. Bei den anschließenden blutigen Kämpfen wurden mehr als eine Million Menschen vertrieben, etwa 130.000 Menschen flohen in Nachbarländer. Bis zu Gbagbos Festnahme im April dieses Jahres wurden mehr als 1000 Menschen getötet. Ouattara setzte sich schließlich nach einem monatelangen Machtkampf durch.

Menschenrechtler werfen Ouattara vor, dass nun seine Anhänger morden und foltern. So macht auch Amnesty International Regierungskräfte und von der Regierung unterstützte Milizen für ein "Klima der Angst" verantwortlich, das die Menschen davon abhalte, die Flüchtlingslager zu verlassen und in ihre Heimatdörfer und -städte zurückzukehren.

Laut Amnesty International werden noch immer Bewohner des Landes nur aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit von Sicherheitskräften und den sogenannten Dozo-Milizen attackiert und getötet. Die "Dozo", traditionelle Jäger aus dem Norden der Elfenbeinküste, schlugen sich bereits 2002 auf die Seite Ouattaras und haben sich seither nach Ansicht von Beobachtern zahlreicher Massaker schuldig gemacht.

Flüchtlinge aus Abidjan (Foto: pa/dpa/landov)
Nach der Präsidentschaftswahl eskalierte die Gewalt - Menschen flüchteten in ScharenBild: picture alliance/landov

Ai: Regierung muss handeln

Amnesty hat die ivorische Regierung unter Präsident Ouattara aufgefordert, diese Situation nicht länger zu dulden. "Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte und Milizen sind nicht hinnehmbar und müssen geahndet werden", so ai-Afrikareferentin Ulm. Als besorgniserregend bezeichnete sie auch die fortgesetzte Unterstützung der Regierung für die Dozo-Milizen. Bewaffnete Kämpfer dieser Gruppe hätten die Hauptstraßen des Landes besetzt und hinderten die Menschen aus den Flüchtlingslagern an der Rückkehr.

Vor allem ethnische Gruppen des Vielvölkerstaates, die als Unterstützer des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo gelten, werden laut Amnesty häufig zum Ziel von Angriffen. Besonders gefährdet sind dem Bericht zufolge junge Männer. Sie würden pauschal verdächtigt, auf Seiten Gbagbos gekämpft zu haben.

Der Amnesty-Bericht listet zudem Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf, die im Laufe der Auseinandersetzungen zwischen den Truppen des ehemaligen Präsidenten Gbagbo und denen seines Nachfolgers Ouattara begangen wurden.

Die Elfenbeinküste, französisch Côte d'Ivoire, hat mehr als 20 Millionen Einwohner, die sich auf mehr als 60 unterschiedliche Ethnien verteilen. Die Bevölkerungsmehrheit, rund 40 Prozent der Ivoren, sind Muslime. Jeweils ein Drittel Ivorer gehören einer christlichen Kirche an oder sind Anhänger von einheimischen Religionen.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, kna)

Redaktion: Ursula Kissel