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Größter Börsengang des Jahres

30. Dezember 2003

Neuer Optimismus auf den Aktienmärkten - vor allem chinesische Werte stehen hoch im Kurs: Jetzt wagt die größte Lebensversicherung Chinas den Gang an die Wall Street. Schnelles Geld oder solide Zukunft?

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Chinesen sollen für sich selber sorgen - gut für VersichererBild: AP

Die Aktien des größten chinesischen Lebensversicherers China Life Insurance Co. werden seit Mittwoch (17.12.) an der New Yorker Börse gehandelt: Die Nachfrage nach den Wertpapieren ist offenbar groß. Die Aktien zählten zu den meistgehandelten Werten und legten im frühen Handel um rund ein Drittel zu.

Einen Tag später werden die Titel auch in Hongkong gelistet. Der Börsengang ist weltweit der größte dieses Jahres: Drei Milliarden US-Dollar werden die Aktien in die Kassen von China Life spülen. Damit ist der Börsengang außerdem der zweitgrößte eines chinesischen Unternehmens. Übertrumpft wurde China Life nur vom Mobilfunkanbieter China Unicom, dessen Börsengewicht im Jahr 2000 bei 5,25 Milliarden US-Dollar lag.

Die Nachfrage nach Aktien war von privaten und von institutionellen Anlegern groß. Im Vorfeld wurde eine Platzierung der Aktie in einer Bandbreite von 2,98 bis 3,65 Hongkong-Dollar (etwa 0,32 bis 0,39 Euro) festgelegt. Verkauft wurden 6,47 Milliarden Aktien zum oberen Preis von 3,625 Hongkong-Dollar. Die Aktien sind weit überzeichnet. So können diejenigen, die Aktien bekommen schon mal frohlocken, denn es wird ein Kurssprung von 25 bis 30 Prozent erwartet.

Versicherer erobert Terrain

Der Grund für den Ansturm auf die Aktien: China Life kontrolliert bereits rund die Hälfte des Marktes mit Lebensversicherungen in China. Zudem erwartet das Unternehmen in diesem Jahr einen Gewinnanstieg um 18 Prozent auf 5,4 Milliarden Yuan (534 Millionen Euro). Ebenso soll das Prämienaufkommen steigen - im nächsten Jahr um 20 Prozent. Überhaupt haben bei chinesischen Lebensversicherern die Prämien zwischen 1999 und 2002 um durchschnittlich 38 Prozent pro Jahr zugelegt.

Die Aussichten sehen auch in den kommenden Jahren gut aus: Die Wirtschaft wächst um rund 8 Prozent jährlich, die Chinesen sparen einen großen Teil ihres Einkommens und rund ein Fünftel der Chinesen profitieren vom wachsenden Wohlstand. Chinas neue Wohlstandsbürger, die schon Auto und Wohnung haben, wenden sich jetzt Versicherungen zu. So könnte nach Goldman Sachs der chinesische Versicherungsmarkt bis 2010 zu den fünf größten der Welt gehören.

Motto: Selbst ist der Chinese

Gute Aussichten bestehen auch, weil China sein Sozialsystem umbaut. In Zukunft sollen die 1,3 Milliarden Chinesen verstärkt für sich selber vorsorgen. Damit können die Versicherer in die Lücken vorstoßen, die der Staat bei seinem Rückzug aus der kommunistischen Rundumversorgung hinterlässt. So boomen nicht nur Lebensversicherungen. Versicherer in China haben dieses Jahr mit einem Volumen von 305,4 Milliarden Yuan (30 Milliarden Euro) schon 45 Prozent mehr Verträge als im Vorjahr abgeschlossen.

Das Kapital für ihre Expansion bekommen die Versicherungen auf dem internationalen Börsenparkett. Neben China Life, einem der drei größten chinesischen Versicherungen, ging People's Insurance Co. of China (PICC) bereits im November an die Börse in Hongkong. Zur Freude der Anleger legte das Papier gleich am ersten Handelstag um 50 Prozent zu. Einen Börsengang plant auch die zweitgrößte chinesische Versicherung Ping An Insurance.

Öffnung zum Westen

Die Börsengänge sind ein Zeichen dafür, dass sich China zwei Jahre nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) immer mehr westlichen Investoren öffnet. Die Marktöffnung bedeutet aber auch: wachsender Wettbewerb durch ausländische Versicherer. Analysten geben zu bedenken, dass China Life nur begrenzte Möglichkeiten habe, auf Chinas Kapitalmarkt zu investieren. Auch das Bankensystem Chinas, das von faulen Krediten geplagt ist, berge weitere Risiken. Nicht zuletzt würden Aufsicht und interne Kontrollen im Versicherungswesen nicht den Standards von Industriestaaten genügen.

Solche Warnungen weist Zuo Xiaolei von der größten chinesischen Wertpapierfirma Yinhe zurück, denn mit dem Börsengang unterwerfe sich China Life internationalen Standards. (iw)