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Alarmierende UN-Studie

Angela Göpfert25. September 2006

Eine neue Klimastudie der UN alarmiert: Die Erde wird sich bis 2100 um drei Grad Celsius erwärmen. Ganz Grönland würde dadurch abschmelzen - doch ein Positives hat der Klimawandel.

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Geht der Klimawandel weiter voran, wird Grönland tatsächlich zum "grünen Land"Bild: picture-alliance/ dpa

"Gib mir Schnee, gib mir Hunde, und den Rest kannst Du behalten", sagte einst der bekannte Grönlandpionier Knud Rasmussen. Welchen Rest? Vom grönländischen Eis wird jedenfalls bis 2100 nicht mehr allzu viel übrig bleiben. Vorausgesetzt, das Klima wird sich bis dahin tatsächlich um drei Grad Celsius erwärmen, wie die "Welt am Sonntag" (24.9.2006) einen vertraulichen Entwurf für eine neue Klimastudie der Vereinten Nationen zitierte. Mojib Latif vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel hält diese Prognose für "sehr wahrscheinlich". Bisher waren Forscher von einer globalen Erwärmung von "nur" 1,4 bis 2,0 Grad Celsius ausgegangen.

Die neuen Prognosen hätten katastrophale Auswirkungen: "Bei drei Grad Celsius mehr würden Klimaextreme wie Dürren, Hitzewellen und Hurricans häufiger auftreten. Zudem hätte man einen kritischen Schwellenwert erreicht: Grönland würde wahrscheinlich komplett abschmelzen."

Waten durch Gletschersümpfe

Martin Hülle in Grönland
Eisbärte wie hier bei Johannes Lang und Georg Sichelschmidt sind schon bald outBild: Martin Hülle

Ein Schreckensszenario, das sich Grönland-Abenteurer Martin Hülle im Gespräch mit DW-WORLD.DE kaum vorzustellen vermag. "Das Grönlandeis ist so gigantisch groß, wenn man da mitten draufsteht", meint er versonnen in Erinnerung an seine Grönland-Transversale. Im Sommer 2006 durchquerte Hülle das 750 Kilometer breite grönländische Inlandeis nur mit Hilfe von Skiern, Pulkas und großen Segeln, so genannten Parawings. Gemeinsam mit Johannes Lang und Georg Sichelschmidt reiste er von der kaum besiedelten Ostküste bis zur Diskobucht, um auf die Folgen der Klimaerwärmung aufmerksam zu machen.

Denn die sind auf Grönland bereits heute deutlich sichtbar: Allein von April 2002 bis November 2005 schmolzen jährlich 240 Kubikkilometer Eis, berichteten Forscher der Universität Texas im August 2006 im Wissenschaftsmagazin "Science". Das sei jährlich drei Mal so viel wie in den Jahren zuvor.

"Selbst auf dem Inlandeis sind schon Gletschersümpfe entstanden", sagt Hülle. Als Gletschersümpfe bezeichnet man oberflächlich angetautes Eis, das sich zu großflächigen Schmelzwasserbereichen, kleinen Seen und Flüssen sammelt - eben zu einer "richtigen Eiswassermatsche". Bei seiner Grönland-Transversale habe er mehrfach mit den Schuhen bis über die Knöchel im Wasser gestanden.

Grünes Grönland vergast das Klima

Würde die 2,5 Millionen Kubikkilometer große grönländische Eismasse tatsächlich abschmelzen, machte die Insel aber nicht nur ihrem Namen "grünes Land" alle Ehre. "Der Meereswasserspiegel würde um bis zu sieben Meter ansteigen", sagt Klimaexperte Latif. Diese Folge würde zwar nicht sofort eintreten. "Aber bis 2100 wäre ein Anstieg von einem Meter schon drin - mit verheerenden Folgen für die Küstenregionen weltweit."

Zudem hätte das Abtauen der so genannten Permafrostböden Grönlands und der Arktis einen "dramatischen Zusatzeffekt" auf die Klimaerwärmung, wie Latif betont: "Dabei werden riesige Mengen Methangas freigesetzt, was die Erderwärmung bis 2100 noch mal um bis zu anderthalb Grad Celsius verstärken würde."

Allein Zyniker könnten diesen Horrorvisionen noch etwas Positives abgewinnen. Denn ein anderes Problem, das die Politiker weltweit umtreibt, wäre mit dem Abschmelzen der Arktis gelöst: Man käme ganz einfach und bequem an die Erdöl- und Gasvorräte heran, die immerhin 25 Prozent der weltweiten Vorräte ausmachen und heute unter den Gletschern der Arktis verborgen sind.