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Anti-Hass-Gesetz in der Kritik

7. Januar 2018

Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz gilt erst seit Jahresbeginn und steht aber schon jetzt massiv unter Beschuss. FDP und Grüne fordern eine Novelle. Die SPD lehnt das ab.

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Computertaste mit der Aufschrift Hass und Radiergummi
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/Ohde

"Das Gesetz ist vermurkst und gehört durch ein ordentliches ersetzt", sagte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer der "Welt am Sonntag". Ähnlich äußerte sich Grünen-Chefin Simone Peter in der Zeitung: Die Grünen sähen deutlichen Nachsteuerungsbedarf im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz, wie sie gerade auch von AfD-Politikern massiv betrieben werde. Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht bezweifelte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, dass die Regelung rechtsstaatlichen Prinzipien entspricht. Die SPD will dagegen weiter an dem Gesetz festhalten. 

Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, das Gesetz schlage "allen rechtsstaatlichen Grundsätzen ins Gesicht". In einem Rechtsstaat entschieden Gerichte und nicht private Unternehmen darüber, was rechtswidrig sei und was nicht. Wagenknecht erklärte, die Linke unterstütze Initiativen, dieses Gesetz wieder zu kippen. 

Satirezeitschrift gerät in die Gesetzesmühle

Ein Anlass für die Kritik: Der Kurznachrichtendienst Twitter hatte vor wenigen Tagen den Account der Satirezeitschrift "Titanic" geblockt und einen Tweet gelöscht. Darin hatte das Magazin den Begriff "Barbarenhorden" verwendet und damit eine Nachricht der AfD-Politikerin Beatrix von Storch parodiert. Die Bundestagsabgeordnete hatte zu Silvester von "barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden" geschrieben, woraufhin Twitter ihren Account für zwölf Stunden sperrte.

Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland kritisierte die Neuregelung in der Folge als "Zensurgesetz" zur Löschung von unliebsamen Meinungsäußerungen und verglich es mit Stasi-Methoden. Das Gesetz aus dem Hause von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verlangt von Portalen wie Twitter, Facebook und Youtube, "offensichtlich strafbare" Inhalte binnen 24 Stunden zu löschen.

Privatisierung hilft nicht

Beer sagte, die vergangenen Tage hätten eindringlich gezeigt, dass private Anbieter nicht in der Lage seien, "in allen Fällen mutmaßlich strafbarer Äußerungen im Netz die richtige Entscheidung darüber zu treffen, ob eine rechtswidrige, eine satirische oder aber eine geschmacklose, in einer Demokratie aber zu ertragende Meinungsäußerung vorliegt". Benötigt werde die sachgerechte Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden zur Durchsetzung des Rechts auch im Netz, nicht aber die Privatisierung dieser Entscheidungen bei internationalen Plattformbetreibern, wie dies durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geschehe.

Grünen-Chefin Peter betonte, die Sperrung des Twitter-Accounts der "Titanic" offenbare die Schwächen des mit viel zu heißer Nadel gestrickten Gesetzes. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein US-amerikanisches Unternehmen wie Twitter die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland beeinflusse. Denn offensichtlich habe Twitter ignoriert, dass es sich bei der "Titanic" um ein Satiremagazin handele. Gleichzeitig stellte sie klar: "Wir haben eine klare, rechtsstaatliche Alternative zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz im vergangenen Jahr vorgelegt."

Nach Ansicht von Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht schlägt das Gesetz "allen rechtsstaatlichen Grundsätzen ins Gesicht". In einem Rechtsstaat entschieden Gerichte und nicht private Unternehmen darüber, was rechtswidrig sei und was nicht. Wagenknecht erklärte, die Linke unterstütze Initiativen, dieses Gesetz wieder zu kippen. 

"Gefahr des Overblockings"

Der netzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, warnte in der "Welt am Sonntag" ebenfalls vor den Folgen des Gesetzes. "Die Sperrung des Twitter-Accounts der 'Titanic' zeigt natürlich deutlich die Gefahr des Overblockings durch viel zu kurze Löschfristen und unbestimmte Rechtsbegriffe, die wir im Gesetzgebungsverfahren deutlich kritisiert haben."

Dagegen verteidigte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles in der "Bild am Sonntag" das Gesetz. Es sei gut und richtig und müsse umgesetzt werden. "Wir müssen mehr Verantwortung ins Internet bringen, das ist kein rechtsfreier Raum. Mit Zensur hat das nichts zu tun" betonte sie auch mit Blick auf Vorwürfe, die aus den Reihen der AfD erhoben worden waren.

haz/stu/gri (dpa, epd, afp)