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Ausweitung sicherer Herkunftsländer wankt

9. Juni 2016

Die Bundesregierung will Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern erklären. Doch der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Die Grünen, die in den Landtagen mitregieren, könnten die Pläne kippen.

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Flüchtlinge aus Nordafrika (Foto: picture-alliance/dpa/H. Schmidt)
Bild: picture-alliance/dpa

In gut einer Woche findet die entscheidende Abstimmung im Bundesrat zur Ausweitung der sicheren Herkunftsländer statt. Doch bei immer mehr Ländern mit rot-grüner Regierungsbeteiligung stoßen die Pläne, Tunesien, Algerien und Marokko als "sicher" einzustufen, auf Ablehnung. "Das machen wir so nicht mit", sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) im Landtag. Die Kieler Koalitionsregierung werde mit Nein votieren.

Auch der Grünen Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Sven Lehmann, kündigte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" an, das Vorhaben abzulehnen. In anderen von den Grünen mitregierten Ländern hatte es zuletzt ebenfalls Bedenken gegeben.

Die Einstufung der drei nordafrikanischen Länder als "sichere Herkunftsstaaten" zielt darauf ab, Asylverfahren zu beschleunigen und Schutzsuchende aus diesen Staaten schneller zurückschicken zu können. Wer aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt, hat in der Regel kein Recht auf Asyl. Der Bundestag hatte das Gesetzesvorhaben Mitte Mai gebilligt.

Absolute Mehrheit im Bundesrat notwendig

Damit das Gesetz verabschiedet werden kann, muss aber auch der Bundesrat zustimmen. Der befasst sich am 17. Juni mit der Thematik. Für eine absolute Mehrheit sind 35-Ja-Stimmen nötig. Die Grünen sind in zehn der 16 Landesregierungen vertreten. Für eine Verabschiedung des Gesetzes müssten mindestens drei große, von grünen regierte oder mitregierte Länder, wie beispielsweise Baden-Württemberg, dem Vorhaben zustimmen.

Ein Sprecher der grün-schwarzen Regierung in Baden-Württemberg sagte: "Es ist noch nicht entschieden, wie sich Baden-Württemberg positioniert." Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sei auch nach Informationen aus dem Auswärtigen Amt noch "in der Abwägung und Prüfung". Am Dienstag (14. Juni) will das baden-württembergische Kabinett über sein Bundesratsvotum beraten.

Winfried Kretschmann (Foto: Christoph Schmidt/dpa)
Die baden-württembergische Landesregierung unter Winfried Kretschmann hat noch nicht entschieden, ob sie dem Gesetz zustimmt.Bild: picture-alliance/dpa/C.Schmidt

Die Vorsitzende der schleswig-holsteinischen Grünen-Fraktion, Eka von Kalben, sah die Voraussetzungen für eine Einstufung der nordafrikanischen Staaten als "sichere Herkunftsländer" noch nicht gegeben. In jedem der Länder würden Homosexuelle verfolgt, sagte sie im Landtag.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, kritisierte die Grünen: "Wenn die Grünen im Bundesrat die Einstufung der Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien aufhalten wollen, zeigen Sie damit, was sie wirklich beabsichtigen: Jeder, der nach Deutschland kommt, soll hierbleiben können, egal ob er Schutz verdient oder nicht."

Nicht Schutzbedürftige sollen schneller außer Landes

In einer Mitteilung betonte er, die wenigen, die aus sicheren Herkunftsstaaten kämen und dennoch schutzbedürftig seien, erhielten nach wie vor ein verkürztes Asylverfahren und könnten ihre Schutzwürdigkeit darlegen. "Mit der Einstufung können wir die vielen, die keinen Schutz verdienen, schneller außer Landes bringen."

In Deutschland gelten als sichere Herkunftsländer derzeit neben den EU-Mitgliedsstaaten auch Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, das Kosovo, Mazedonien, Montenegro, der Senegal und Serbien.

rk/rp (afpd/dpa)