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Grünes Licht für Bundeswehr-Einsatz

Nina Werkhäuser22. Dezember 2001

Der Bundestag hat mit großer Mehrheit den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen eines UN-Mandats in Afghanistan beschlossen. Ein Kommentar von Nina Werkhäuser.

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Debatten über Auslandseinsätze der Bundeswehr sind zum Glück noch keine Routine im Bundestag, aber sie sind auch keine Ausnahme mehr. Bisher hat kein Jahr so viele dieser Debatten gesehen wie das Jahr 2001: Anfang Juni wurde das Kosovo-Mandat um ein Jahr verlängert - knapp 5000 deutsche Soldaten sind dort im Einsatz. Ende August stand im Parlament die Mazedonien-Mission "Essential Harvest" zur Debatte - sie war höchst umstritten. Die Regierung bekam keine eigene Mehrheit und konnte das Mandat nur mit Stimmen aus der Opposition verabschieden.

Es folgte im Herbst eine weitere Mazedonien-Mission, weit weniger umstritten, die erst Mitte Dezember mit breiter Zustimmung des Parlaments verlängert wurde. Zur neuen Zerreißprobe wurde das Mandat für den Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr. Die damit verbundene Vertrauensfrage des Kanzlers stürzte die Koalition in eine Krise, die sie mit einem blauen Auge überstand.

Zwei Tage vor Weihnachen hat das Parlament am Samstag (22.12.) nun einem weiteren Einsatz zugestimmt - der Teilnahme der Bundeswehr an der UNO-Schutztruppe in Afghanistan. Der Anbindung dieses Einsatzes an die Vereinten Nationen ist es zu verdanken, dass die große
Mehrheit der Parlamentarier ihn unterstützt. Mit Ausnahme der PDS und wenigen Kritikern bei den Grünen wollte niemand abseits stehen.

Dass Deutschland seine Unterstützung anbietet, ist richtig und wichtig - immer wieder wird in diesem Zusammenhang auf das Vertrauen verwiesen, das Deutschland bei der Bevölkerung und der Übergangsregierung in Afghanistan genießt. Genauso vernünftig ist es, dass die Bundesregierung sich nicht nach der Führungsrolle drängt. Mit maximal 1200 Soldaten stellt Deutschland schon gut ein Fünftel der gesamten Schutztruppe - das ist mehr als genug. Andere
Länder, die durchaus nicht über kleine Armeen verfügen, haben 200 oder 300 Mann angeboten, und niemand mokiert sich über diesen Beitrag.

Wichtig ist das Signal, das von einem solchen Angebot ausgeht: Eine gemeinsame Friedens- oder Stabilisierungsmission der UNO oder unter Nato-Führung aktiv zu unterstützen. Aus diesem Jahr bleibt der Eindruck, dass die Bundesregierung mit ihren Angeboten manchmal etwas voreilig vorprescht: Die Bundeswehr ist unverzichtbarer Teil der drei Missionen auf dem Balkan. Die in Mazedonien führt sie sogar, während die Briten, die die Afghanistan-Mission zunächst befehligen, daran nicht beteiligt sind. Niemand käme auf die Idee, den Briten deshalb Verantwortungslosigkeit in der internationalen Sicherheitspolitik vorzuwerfen. Auch das Angebot, den Amerikanern 3900 Mann für den Terror-Einsatz zur Seite stellen, war übertrieben, wenn man mit einigem zeitlichen Abstand die praktische Umsetzung analysiert.

Die Ankündigung, maximal 1200 Bundeswehr-Soldaten in die UNO-Schutztruppe zu schicken, flankierten der Kanzler Gerhard Schröder und der Verteidigungsminister Rudolf Scharping eilig mit der Bemerkung: "Aber mehr geht jetzt wirklich nicht, wir haben unsere Grenzen erreicht." Sich so zu verhalten, ist unklug. Die Erfahrung des Jahres 2001 zeigt: Zwar waren alle Bundeswehr-Einsätze zunächst befristet, und darauf legten in den Debatten die Parlamentarier auch bei der ersten Abstimmung jeweils größten Wert. Doch dann wurden sie verlängert und wieder verlängert.

Zur Erinnerung: In Bosnien ist die Bundeswehr seit 1995 stationiert. Die Bundesregierung sollte sich also eine Reserve bereit halten und die Belastungsgrenzen nicht überschreiten, nur weil es schon so selbstverständlich erscheint, dass die Bundeswehr mit großen Kontingenten als eine Art Weltfeuerwehr ausschwärmt. Das wäre außenpolitisch klüger. Die Angst, der auch im Parlament viel zitierten "gewachsen Verantwortung Deutschlands in der Welt" nicht gerecht zu werden, ist hausgemacht.