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Die Künstlerin Hella Nohl

1. April 2010

Die traditionelle Verbindung von Wein und Kunst gilt als inspirierend. Neu ist indes die Verwendung von Wein als Mittel in der Malerei. Vom Geist des Weins in den Bildern - ein Besuch im Atelier und im Weinkeller.

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"Vinogramm". Künstlerin: Hella Nohl (Foto: Jürgen Hube)
"Vinogramm"Bild: Jürgen Hube

Die Geschichte klingt wie erfunden – aber Hella Nohl schwört Stein und Bein, dass sie wahr ist. Vor Jahren habe sie, ganz in Gedanken, ihren Pinsel versehentlich in ein Glas Rotwein getaucht, das neben Farben und Malgerät auf ihrem Tisch stand und mit dem Wein ein Papier bestrichen: Die Geburt einer künstlerischen Idee, oder, wenn man so will, einer persönlichen Note. Seither hat die Malerin den Wein nicht nur zum Thema gemacht, sondern auch zum Stoff, aus dem ihre Bilder sind.

"Wein und Name" gemalt von Hella Nohl (Foto: Hella Nohl)
Bild: Hella Nohl

Spätburgunder und Regent

Wein ist für Hella Nohl aber nicht gleich Wein: "Die Roten aus Italien, Chile oder Südafrika haben kräftigere Töne als ein deutscher Spätburgunder. Doch der Spätburgunder hat auch seine Reize. Man muss ihm aber erst mal auf die Schliche kommen." Die Künstlerin sitzt vor ihren Bildern in der Galerie Winter im idyllischen Hattenheim. Hier im Rheingau wird Wein ja vor allem angebaut, getrunken und verkauft. Dass jemand ihn zum Malen verwendet, gilt als äußerst ungewöhnlich. Peter Winter allerdings wundert sich nicht. Er wollte früher selbst einmal Künstler werden: "Aber es war letztlich doch besser, gute Kunst zu sammeln, als schlechte selbst zu malen", räumt er ein. So wurde der Weinexperte und Inhaber eines Weinguts auch Galerist und Kunstsammler. Hella Nohl hat schon mit seinem Wein gemalt. Was Winter freut wie ein besonders gelungener Tropfen: "Ich finde das interessant. Wir haben hier die Rebsorte Regent, das ist ein tief dunkles Rot und auf dem Bild ist es eine violette Farbe geworden. Jeder Wein wirkt anders".

Objekt mit Weingläsern (Foto: Hella Nohl)
Objekt mit WeingläsernBild: Hella Nohl

Nicht gemischt, nicht gepanscht

"Europa-Farben 1". Ein Weinprotokoll (Foto: Hella Nohl)
Ein WeinprotokollBild: Hella Nohl

Ältere Wein behalten meist ihre Farbe, die jüngeren verändern sich, auch wenn sie längst auf einem Bild zu graphischen Zeichen und farbigen Tableaus geworden sind. Manchmal lässt Hella Nohl Weine stehen, bis sie sämig, sirupartig werden. Das ergibt noch andere Effekte. Die Künstlerin nimmt den Wein zum Malen pur. Mischen und Panschen gibt es bei ihr nicht. Und sie fertigt Protokolle an: Bilder mit Farbproben aller bislang verwendeten Weine, mit Angaben über Lage, Traubensorte, Jahrgang. Rund tausend verschiedene Flaschen gingen in den letzten zehn Jahren wohl schon über ihren Tisch. Allerdings: "Ich brauche gar nicht viel. Kleine, halbe Gläschen reichen manchmal für ein ganzes Bild."

Geheimnisvolle Rebschrift

Längst hat Hella Nohl aber auch die knorrigen Rebstöcke, an denen der Wein reift, als Sujet entdeckt. Mit Tusche hat sie sie gezeichnet und allmählich verfremdet, abstrahiert. "Meine Tuschearbeiten haben sich langsam verwandelt: vom Zeichnen der Rebstöcke in eine Schrift, die noch Anklänge an Rebformen hat. Deswegen heißt sie auch Rebschrift."

"Rebschrift" erfunden und gezeichnet von Hella Nohl. (Foto: Jürgen Hube. )
Die erfundene SchriftBild: Jürgen Hube

Und die schreibt sie inzwischen so schnell und flüssig, wie die normale Schrift.

Mit ihren ungewöhnlichen Bildern war die Künstlerin schon in vielen Orten Deutschlands und Europas, aber auch in Singapur und Hongkong zu Gast. Das Weinland Chile hat sie vor einiger Zeit in die chilenische Botschaft nach Berlin eingeladen. Gemalt hat sie dafür auch Bilder mit Weinen aus dem südamerikanischen Land. Zur Vorbereitung hatte man ihr eine ganze Kollektion von Gewächsen chilenischer Winzer zur Verfügung gestellt!

Kunst, Keller, Kreativität

Unterhalb der lichtdurchfluteten Galerie gibt es noch mehr Kunst. Im Kellergewölbe

stellt Winter Skulpturen und Bilder verschiedener Künstler aus, einiges davon hinter Glas, wegen der hier herrschenden Feuchtigkeit. Die Farben leuchten vor den im dunklen Hintergrund ruhenden riesigen Holzfässern. Peter Winter glaubt fest an ein produktives, ja kreatives Verhältnis von Kunst und Wein: "Ich denke, dass viele Künstler Weinliebhaber sind. Sie trinken vielleicht auch mal zur Inspiration das eine oder andere Gläschen, bevor die Kreativität ausbricht!" Und Hella Nohl schwört auf ein sinnliches Gesamterlebnis von Sehen, Schmecken, Riechen und Malen: "Der Wein wird immer zuerst getrunken, es gibt keine Farbe, die ich nicht erst mal probiert habe."

Autorin: Cornelia Rabitz

Redaktion: Conny Paul