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Graubunt: Der Arbeitsmarkt im Länder-Vergleich

15. Februar 2002

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt sieht es grau aus und eine Trendwende ist nicht absehbar. Vom ewigen "Musterländle" bis zum "Negativ-Rekordhalter" - im Vergleich der einzelnen Bundesländer herrscht Buntheit.

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Von Hamburg bis Hof: Warten vor dem ArbeitsamtBild: AP

Die neue Hauptstadt-Regierung nennt die hohe Arbeitslosigkeit von 17,0 Prozent das größte ihrer vielen Probleme. Viel Hoffnung auf Besserung gibt es nicht - Deutschlands größte Stadt hat immer noch keine großstädtische Wirtschaftsstruktur. Ansonsten ist von Süden nach Norden, sowie von Osten nach Westen, viel Differentes zu verzeichnen: große Gefälle, die vermutlich auch in naher Zukunft weiterbestehen werden.

Der sorgenfreie Süden

Deren Sorgen möchten wir haben, dürfte mancher Ministerpräsident neidvoll gedacht haben, als sich kürzlich Regierung und Opposition in Baden-Württemberg bei der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2002/2003 beharkten. Mit 4,9 Prozent durchschnittlicher Arbeitslosenquote gab es im "Musterländle" die wenigsten Menschen ohne Job seit 1992. Gleichzeitig hat das Land noch vor Bayern die niedrigste Arbeitslosenquote. Die Zahl der Erwerbstätigen nahm sogar auf einen neuen Rekordwert von 5,3 Millionen Menschen zu - auch darin Platz eins unter den Ländern.

Den Bayern gebührt die Silbermedaille. Im Januar lag die Arbeitslosenquote im Freistaat bei 6,8 Prozent. Für Ministerpräsident und Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber ist diese Bilanz eine Trumpfkarte. Doch die Durchschnittszahlen täuschen: im Freistaat gibt es ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle. Der Slogan "Laptop und Lederhosen" umschreibt nur die Situtation im Süden. Im fränkischen Norden Bayerns verzeichnet das Arbeitsamt Hof mit 11,7 Prozent eine Arbeitslosenrate, die über dem Bundesdurchschnitt von 10,4 Prozent liegt.

Von Süden nach Norden

Von der Sorgenfreiheit im Süden können andere Länder nur träumen. Mit auf den traurigen vorderen Plätzen der Arbeitslosenstatistik rangiert im Westen Nordrhein-Westfalen mit 9,5 Prozent. Der Abbau von Arbeitsplätzen bei Kohle und Stahl konnte im Ruhrgebiet noch nicht ausgeglichen werden. Die Arbeitslosenzahlen im Revier treiben die Gesamtquote in die Höhe. Den traurigsten aller Rekorde hält derzeit Gelsenkirchen mit einer Quote von 14,9 Prozent. In keinem anderen Arbeitsamtbezirk im Westen der Republik ist die Lage so schlecht.

Langezeit hatte das Saarland als westdeutsches Flächenland die rote Laterne der höchsten Arbeitslosigkeit und der größten Pro-Kopf-Verschuldung. Nun ist es sie endlich los. Außer den 19,1 Prozent Arbeitslosen im Schnitt der neuen Länder haben seit Januar auch Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen eine mittlerweile höhere Arbeitslosenquote als die Saar.

Licht und Schatten

Ostdeutschlands Wirtschaftswunderland zeigt Licht und Schatten. Wenn Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf sein Amt verlässt, schließt er im Osten eine Erfolgsgeschichte ab: in keinem anderen ostdeutschen Bundesland wurde so viel in die Industrie investiert. Dennoch muss auch im Freistaat weiterhin mit einer Quote von rund 17 Prozent Arbeitslosen gekämpft werden.

Die niedrigste Arbeitslosenquote im Osten verzeichnet Thüringen mit 15,3 Prozent. Ministerpräsident Bernhard Vogel verkauft sein Land gern als den Musterknaben beim Aufbau Ost. Die zwischen Rügen und Rhön positivste Zahl in der Statistik ist allerdings mit einer hohen Verschuldung erkauft worden.

Negativrekorde im Osten

Wartezimmer beim Arbeitsamt
Bild: AP

Den bundesweiten Negativ-Rekord in der Arbeitslosenstatistik hält seit Jahren Sachsen-Anhalt. Bei einer Quote von 20,8 Prozent waren im Januar so viele Menschen arbeitslos wie sonst nirgendwo in Deutschland - und das trotz einer leichten Steigerung der Erwerbstätigkeit.

Für die schwierige Situation am Arbeitsmarkt macht die Landesregierung den immer noch anhaltenden, tief greifenden Strukturwandel in dem einst von den monostrukturierten DDR-Kombinaten dominierten neuen Bundeland verantwortlich. Dicht folgt Mecklenburg-Vorpommern in der Negativ-Liste. Das Land an der Küste dümpelt mit 19,8 Prozent Quote auf dem vorletzten Platz.

Der Norden fällt zurück

Ganz unten rangiert der hohe Norden beim Wirtschaftswachstum. Trostlos ist deshalb die Haushaltslage in Schleswig-Holstein mit dem Spitzenwert der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung aller Flächenländer. Nicht weniger trist sieht es im Sanierungsland Bremen aus, das mit 12,8 Prozent nach wie vor die höchste Arbeitslosenquote im Westen verzeichnet.

Als Pluspunkt für die Wirtschaft Hamburgs gilt die Entwicklung zu einer Dienstleistungsmetropole. Die Dynamik dieser Wirtschaftszweige hat allerdings auch an der Alster deutlich nachgelassen. Vor allem hat sie folgendes gezeigt: auch Trendbranchen kommen schwer unter Druck. Die neuen Arbeitslosen kommen aus den gehätschelten Branchen Werbung, Medien und Datenverarbeitung. (dpa/cg)