1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Eine neue Ära für die Astrophysik

Kai Steinecke | Hannah Fuchs
16. Oktober 2017

Erst im Januar hatten Forscher des LIGO-Projekts Gravitationswellen zum dritten Mal überhaupt gemessen. Jetzt gelang dem Oberservatorium ein neuer Durchbruch.

https://p.dw.com/p/2ltnr
Nasa Grafik Simulation von Kollision zweier Neutronensysteme
So sieht es aus, wenn zwei Neutronensterne miteinander kollidieren. Bild: NASA

Den Forschern gelang es erstmals Gravitationswellensignale von zwei kollidierenden Neutronensternen aufzuzeichnen. Die Quelle der Gravitationswelle liegt ungefähr 130 Millionen Lichtjahre entfernt von unserer Erde. Den Erfolg führen die Forscher auf den neuen Detektor "Virgo" in der italienischen Toskana zurück. Erst am 01. August 2017 wurde er zu den bestehenden Teleskopen in den USA hinzugefügt und bereits am 17. August wurde das Signal empfangen.

Es ist die bisher "stärkste jemals gemessene Gravitationswelle", bekräftigt ein Sprecher der Europäischen Südsternwarte (ESO). Insgesamt war die Welle für etwa 60 Sekunden messbar, was sie auch zu der längsten gemessenen Welle macht. Bisherige Wellen dauerten oft nur ein einige Sekunden.

Gravitationswellen
Erst 2016 konnten die bereits von Einstein beschriebenen Gravitationswellen nachgewiesen werdenBild: picture-alliance/dpa/CALTECH-JPL

Eine neue Ära für die Astrophysik

Die Entdeckung ist für Astronomen so bedeutsam, weil nun erstmals der genaue Ursprungsort einer solchen Verschmelzung der kollidierten Neutronensterne bestimmt werden kann. Damit steht die Tür offen für genauere physikalischen Studien des Prozesses. Unter anderem soll er der Ursprung für die schwersten Teilchen des Universums sein.

„Der Ursprung der schwersten chemischen Elemente im Universum hat uns Wissenschaftler lange vor Rätsel gestellt“, sagt Hans-Thomas Janka, leitender Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik. „Jetzt haben wir den ersten Beweis durch Beobachtungen, dass kollidierende Neutronensterne als Ursprung für diese Elemente in Frage kommen."

Entdeckung mit Ansage

Gerüchte, es habe eine neue Entdeckung im Bezug auf Gravitationswellen gegeben, machten schon länger die Runde. Die neuen Ergebnisse wurden auf Pressekonferenzen in den USA und Deutschland gleichzeitig bekannt gegeben.

Zum einen verkündete das LIGO (Laser-Interferometer Gravationswellen-Oberservatorium) die Ergebnisse in Washington D.C. und die ESO sie in ihrer Zentrale der in Garchingen bei München. Neben der ESO und dem LIGO waren Forscher von über 70 Observatorien an dem Projekt beteiligt.

Die Verkündung der neuen Entdeckung kommt erst zwei Wochen nachdem das LIGO mit dem Nobelpreisfür Physik ausgezeichnet wurde. Abgesehen von den Pressekonferenzen, werden heute noch sieben wissenschaftliche Publikationen zu dem Thema veröffentlicht.

Was sind überhaupt Gravitationswellen?

Machen wir ein kleines Gedankenexperiment: Stellen wir uns einen Tennisball vor, der am Rand eines Trampolins liegt. Er ist vollkommen regungslos. Jetzt setzt sich ein Kind in die Mitte des Trampolins und verursacht so eine große Delle. Dadurch bewegt sich der Tennisball langsam in die Richtung des Kindes und wird umso schneller, je näher er dem Kind kommt. Er wird also "angezogen".

Bei diesen Beschleunigungen von Massen entstehen Gravitationswellen und beeinflussen die Struktur der Raumzeit. Aber sie sind extrem schwer nachweisbar. Hier gibt es unsere Liste der 6 Dinge, die Sie über Gravitationswellen wissen müssen.

Infografik Allgemeine Relativitätstheorie Krümmung der Raumzeit Deutsch

Warum ist es so schwierig sie nachzuweisen?

Albert Einstein hatte schon vor 100 Jahren Gravitationswellen in seiner Relativitätstheorie beschrieben. Konnte sie aber nicht nachweisen, weil die Technik dazu gar nicht in der Lage war.

Viele Wissenschaftler haben sich nach ihm daran versucht, sind aber gescheitert oder haben Falschmeldungen verbreitet. Eines der größten Hindernisse stellten die Messgeräte dar, die extrem empfindlich sein müssen, um die Signale aus über drei Milliarden Lichtjahren Entfernung überhaupt wahrzunehmen zu können. 

Der Durchbruch kam dann 2015, als tatsächlich der erste Nachweis der Gravitationswellen erbracht wurde.

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.